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«Wandzeitung» vom 2.12.2014:

Alltägliches:

Der Tod ist ein harter Lehrmeister.

Wenn der Verleger anruft für einen schnellen Text beruhigt mich das. Ich rechnete schon mit einer weiteren Hiobsbotschaft. In den letzten Wochen erreichten mich zu viele Nachrichten vom Heimgang von Seelen im näheren Umfeld. So viele wie in keinem Jahr zuvor ... Das gibt zu denken. An die eigene Endlichkeit. Bin ich gut vorbereitet, wenn es mich selber trifft? Eine bevorstehende Operation lässt mich nun anfälliger werden für Zweifel. Was ist, wenn ich nicht mehr aus der Narkose erwache? Ich habe vorgesorgt, bin gut organisiert, aber habe ich genug getan? Ich will keine Last sein, auch nicht bei meinem letzten Gang. Der schwarzsehende Steinbock in mir nimmt mal wieder Überhand. Aber nur kurz.

Meine Gedanken kehren zurück zu den Hinterbliebenen der aktuellen Todesfälle. Was nützt schon der Fakt, dass alles ein Ende hat und es zum Kreislauf der Natur gehört? Wenn jemand aus meiner Mitte gerissen wird, bleibt da nur Schmerz! Man sucht nach Antworten. Manchmal kann man die Entwicklung in diese unausweichliche Richtung mitverfolgen. Man verdrängt das bevorstehende Ende und hofft auf Aufschub. Oft kann und will man nicht loslassen. Da hilft auch Vernunft nicht weiter. Manchmal aber, da kommt der Tod auf leisen Sohlen und holt jemanden mitten aus dem Leben. Der Schock ist so gross, dass man schreien will! Und was kommt danach? Wenn man wie ein Automat alles Weltliche geregelt und erledigt hat, aufgeräumt oder aufgehoben? Wenn die Geschäftigkeit der Ohnmacht weicht, das Herz zu schnell schlägt, sticht, einen lähmt? Wenn man die Leere auszufüllen sucht und nichts findet?

Schön, wenn man sich noch hat verabschieden können. Vielleicht war da noch Ungeklärtes, das ausgeräumt werden konnte. Vielleicht ist man gerade noch rechtzeitig gekommen? Was, wenn nicht? Wer entscheidet über den Zeitpunkt? Haben wir das selber in der Hand? Wann ist das Ende wirklich tröstlich? Wer sagt uns, dass es danach wirklich weitergeht, in einem anderen Raum, auf einer anderen Ebene? Kehren wir zurück? Immer noch mehr Fragen …

Der Glaube hat schon manchem geholfen, der Glaube an irgendwas, egal was. Er legt seinen schützenden Arm um einen, begleitet uns durch Auflehnung, Wut und Tränenmeer. Er lässt einen tief einatmen, trotz der Schmerzen und hoffnungsvoll nach vorne sehen. Mit jedem Tod wird etwas Neues geboren, irgendwie. Es folgt ein neuer Abschnitt. Er wird erzwungen! Was bleibt sind Erinnerungen. Die guten, aber auch die schlechten. Fertig werden, weitergehen.

Ich habe eine Laterne aufgestellt. Für die, die gegangen sind und die, die damit umgehen müssen. Ich zünde eine Kerze an. Es ist noch Nacht und sie erhellt mein Zimmer. Sie erhellt mein wundes Herz. In stillem Gedenken an Euch alle …


Momo Appenzeller,
2.12.2014, 113. Jahrgang, Nr. 180.

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