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«Wandzeitung» vom 4.1.2015:

Vorsicht vor den Ratten!

Wenn Stadtwerk ausgelagert wird.

Schon ein paar Tage ist es alt, das neue Jahr! Morgen beginnt für viele Erwerbstätige der Arbeitsalltag im frischen 2015! Selber habe ich immer das Gefühl, eine weite, weisse, leere innere Ebene Zeit liege vor mir, die nun Stunde für Stunde, Tag für Tag, Woche für Woche lustvoll, nachdenklich, auch einmal traurig und doch mit Leben gefüllt werde. Bis zum Jahresende. Wer sich Vorsätze setzt, ist zu Beginn des Jahres noch bereit, an deren Umsetzung zu arbeiten. Manchmal werden diese Vorsätze auch als Projekte proklamiert, so der Stadtrat mit seiner Absicht, Stadtwerk zu verselbstständigen. Vor einem knappen Monat, am Donnerstag Abend gegen 18 Uhr war ich zuhause, hatte die Stube aufgeräumt, damit meine Bandkollegen zum Üben Platz finden würden, die Champignonküchlein für einen kurzen Znacht waren im Ofen, Radio SRF1 eingeschaltet für das «Echo der Zeit», da plötzlich war es dunkel. Uuups, dachte ich, FI-Schalter zurücklegen. Aber halt, die Wohnung ist ja zweimal abgesichert, es müsste also der Hausanschluss sein. Ein Blick aus dem Fenster: Zauberhafte Ruhe lag über dem ganzen Quartier. Dunkelheit, so weit mein Auge reichte. Dann, im ersten Fenster der oranger Schein einer Kerze. Kurz darauf flackerte ähnliches Licht in verschiedenen Fenstern, auch in meinen.

Schlagartig wurde mir unsere Abhängigkeit von Elektrizität bewusst. Nichts ging mehr: Die Champiküchlein im Ofen waren halb aufgetaut, die Heizung abgestellt, der Boiler erkaltet, das Radio schwieg, das Internet war tot, das Telefon dito. Nur das Natel ging noch – bis zum Ende des Akkus. Wenige Minuten später war der Spuk vorbei. Die Ratte, die sich ins Unterwerk geschlichen hatte, eliminiert und das Ganze bald vergessen. Stadtwerk hatte superschnell reagiert. Denn Stadtwerk arbeitet im Dienst der Bevölkerung unserer Stadt und ist in aller erster Linie dafür besorgt, unser gesellschaftliches Grundbedürfnis nach Strom zu decken. Darum ist Stadtwerk ein Stadtbetrieb, gehört uns allen und wir können via unsere Stadträte oder dem Parlament Einfluss ausüben. Das gibt mir ein gutes Gefühl, auch eines des gesellschaftlichen Zusammenhaltes.

Stadtwerk soll ausgelagert werden. Vielleicht hält die Stadt ein paar Aktien. An die Aktionärsversammlung kann ich aber nicht. Auf den Verwaltungsrat habe ich keinen Einfluss. Den braucht es nämlich in Zukunft: Eine neue Hierarchiestufe von Strategen, vom Stadtrat berufen, aus unseren Gebühren bezahlt. Sie werden den Markt sondieren, bestimmen, welche Prioritäten Stadtwerk setzt, um am Markt zu bestehen. Bei der Gestaltung der Gebühren gelten die Wünsche der Grossverbraucher, die sind zentral für den Markt. Wie es da um die Versorgungssicherheit bestellt ist, bleibt offen, die kostet, das haben wir bei der Auslagerung der Post mit anschliessender Poststellenschliessung hautnah erlebt.

Das Zusammengehörigkeitsgefühl verschwindet mit zunehmender Privatisierung, und mit ihm das grundlegende Vertrauen der Bürgerinnen in ihre Stadt. Hoffen wir, dass wenigstens die Stadtratten ihre Zusammengehörigkeit in den Räumlichkeiten von Stadtwerk nicht noch verstärken.


Marlies Bänziger,
4.1.2015, 114. Jahrgang, Nr. 4.

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Standpunkte:

19.1.2015, 22:39 Uhr.

Martin Stauber schrieb:

... na ja, ist etwas gar unbedarft, dieser text. aus meiner sicht gibt es zwei arten von auslagerungen: 1) die umwandlung in eine selbstständige öffentliche anstalt und 2) die umwandlung in eine aktiengesellschaft. 2) ist gefährlich. auch wenn die aktien anfangs zu 100 prozent bei der stadt sind. massgebend sind dann die ag-statuten, und die werden bei einer änderung kaum dem volk vorgelegt. und wenn die mehrheit der aktien mal verkauft sind, dann wird’s wirklich dunkel. 1) scheint mir dagegen relativ unproblematisch. wir könnten uns gewisse unselige ggr-debatten (ocean-breeze, biorender, contracting) sparen und es käme wohl kaum schlechter raus. eine wichtige frage ist allerdings, ob stadtwerk in der neuen form immer noch einige millionen in die stadtkasse abliefern kann ...


5.1.2015, 12:08 Uhr.

Alfred Felder schrieb:

Ich verstehe das nicht! Der Weg, den die Stadt Winterthur einschlägt, birgt so viele Rätsel! Und gefährliche Ideen, die hoffentlich nicht umgesetzt werden. Ein paar Beispiele: Die vom Kulturminister veröffentlichte Idee, das Stadttheater abzureissen! Das Kantonsspital privatisieren. Weitere Museen schliessen. Und eben, die Auslagerung des Stadtwerks. Kein Wunder, dass der Kanton auch die Möglichkeit sieht, man könnte das Technikum nach Dübendorf «auslagern», nachdem die Musik-Hochschule bereits nach Zürich abgewandert ist. All das macht mir Sorgen um die Zukunft von Winterthur.


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