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«Wandzeitung» vom 17.2.2015:

Vivaldi oder Sovaldi?

Von Apothekern etc.

Also Vivaldi kenne ich und Sie kennen es auch, wenigstens die vier Jahreszeiten, im Original oder in einer der unzähligen wunderbaren Bearbeitungen, vor allem jener für 36 Blockflöten mit Wasserspülung. Oder auch jener ergreifenden für Panflöte (am Flughafen Zürich). Darüber muss ich sicher nichts mehr schreiben, über Sovaldi aber schon.

Sovaldi, Sie haben es vielleicht in der letzten Sonntagszeitung gelesen, ist eines der wirkungsvollsten Mittel gegen Hepatitis C. Apotheker bestätigen, dass es in den vergangenen Woche gleich einige dieser Medikamente in die Apotheke geschafft haben. Eine Behandlung mit Sovaldi dauert zwei bis drei Monate und kostet pro Monat 19 800 Franken. Mich hat interessiert, warum das so teuer ist und was der Apotheker daran verdient. Auf die erste Frage gab es keine Antwort, auf die zweite schon: gerade 200 Franken pro Monats-Packung verdient der Apotheker und empört sich: Man überlege sich, ob man das überhaupt verkaufen wolle ...

Warum ich das weiss und warum ich darüber schreibe: In der ersten Februarwoche hat in Davos ein Pharma-Kongress stattgefunden, an dem 220 Apotheker und Apothekerinnen aus der Schweiz teilgenommen haben. Dazu 80 «Begleitpersonen» – das sind die Sponsoren des Anlasses die natürlich samt und sonders aus der Pharma-Industrie stammen. Weshalb nehmen so viele Apothekerkräfte an einem solchen Kongress teil? Freiwillig? Oder weil’s in Davos Schnee hat? Also ganz freiwillig ist das nicht: Man muss Punkte haben, damit man seine Apotheker-Lizenz nicht verliert. Und die Punkte erhält man nur, wenn man an einer solchen «Weiterbildung» teilnimmt ... So schlimm ist dies allerdings nicht: Auf jeden Fall reicht’s jeden Nachmittag zum Skifahren und abends für gediegene (gesponserte) Abendessen samt Unterhaltung.

Skifahren: In Davos nimmt das ziemlich ab. Die Skischulen und der Tourismus beklagen den Mangel an Skilagern, wie sie früher von den Lehrpersonen oft durchgeführt worden sind. Der Grund, warum die Schulen nicht mehr kommen – so jedenfalls die Meinung des Skilehrers Christian Conrad – sei darin zu suchen, dass die Lehrpersonen die Verantwortung scheuen. Ich habe nicht herumgefragt, ob das stimmt. Nachdem der Lotterie-Fonds nun viel mehr für Sport als für Kultur ausgeben will, könnten Skilager wahrscheinlich wieder attraktiver werden. Eine Heimweh-Winterthurerin, Helga Sonanini, war federführend an dem oben genannten Kongress und will den Winterthurer Schülerinnen und Schülern anbieten, in Davos wieder Skilager durchzuführen – mit Gratis-Skischule und Gratis-Verantwortung für Haftpflichtfälle. Die Verhandlungen sind am Laufen – den Tourismus-Direktor freut’s und die Skilehrer auch.

Eine Rosine aus dem Kongress: Statine richtens, dass wir weniger an Herzinfarkten und Arterienverkalkung sterben. Dafür werden wir alle älter und als Nebeneffekt leider altershalber dement.

Na, lieber Vivaldi oder Sovaldi? Für mich lieber keins von beiden. Vom ersten hab ich genug und das zweite brauch ich nicht. Und mit der Demenz möchte ich noch ein wenig zuwarten.


André Bernhard,
17.2.2015, 114. Jahrgang, Nr. 48.

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Standpunkte:

18.2.2015, 10:38 Uhr.

Rosmarie Schoop schrieb:

Ein amüsanter und elegant geschriebener Text – er hat mich sehr erheitert! Danke.


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