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«Wandzeitung» vom 3.4.2015:

Was kostet eine Idee? – Hilfe!

Ich bin auch ein Verkäufer.

Zuerst mal ganz vorweg: ich verkaufe nicht nur, ich verschenke manchmal auch – und daneben mache ich auch noch VIEL anderes, aber man muss ja von etwas leben: Vom Himmel fällt das Geld nicht. Wenn ich aber etwas verkaufe, kämpfe ich mit mir jeweils lange um den Preis, als das Umgekehrte, das man sonst am Flohmarkt macht, da kauft man etwas und kämpft um einen tiefen Preis. Bei mir ist es aber so, dass ich nicht nur um die Höhe des Preises von dem, was ich verkaufe handle, sondern jeweils auch, ob ich es verkaufe oder verschenke, und was mein «Kunde» dafür bezahlen mag. Was angemessen ist. Das Preisniveau zu bestimmen, fällt mir natürlich leichter, wenn ich etwas herstellen, machen, muss; da lässt sich der Aufwand in Stunden berechnen, das Material und die Transporte. In den Clinch gerate ich aber vor allem, wenn es darum geht, Ideen zu verkaufen. Eine gute Idee fliegt einem manchmal in einem ultrakurzen Augenblick zu – oft aber hirne ich stundenlang, ohne auch nur eine einzige brauchbare Idee zu finden.

Was ist eine Idee wert? Ein Politiker, der gerne wiedergewählt werden würde, hat bei mir angefragt, was er unternehmen könne, um mehr Stimmen in seinem Bezirk zu erhalten. (Warum er gerade bei mir anfragt, weiss ich nicht, denn ich kümmere nicht um Wahlen, ich bin auch kein Werber.) Es schien, das konnte ich in der Zeitung lesen, dass seine Partei zittern muss, und er natürlich auch. Also habe ich einen Katalog von 20 Ideen gemacht, den ich dem Politiker tags darauf präsentiert habe. Eine Stunde lang habe ich die einzelnen Ideen erläutert. Resultat: Nur gerade eine Idee hat ihm gefallen, und die sollte ich dann subito umsetzen.Was mache ich mit den verworfenen Ideen? Die mir alle sehr gut gefallen? Weiterverkaufen? Begraben? Alle auf die Rechnung setzen? – Ich berechne nur die gewählte Idee, aber was soll die kosten? – Übrigens war es die Idee, deren Umsetzung am meisten zu tun gab, die ich ganz unmöglich allein realisieren konnte. 10 000 Papiertaschentuch-Packungen sollten mit einem Kleber versehen in den Apotheken des Wahlbezirks verschenkt werden. Und natürlich sollte das in einem Zeitraum von fünf Tagen möglich gemacht werden ...Wir haben es geschafft, wobei das Bekleben die grösste Herausforderung war. Dank der Papiermanufaktur an der Palmstrasse war es möglich.

Beim Ideenverkauf mache ich meistens einen Ideenkatalog, damit der Kunde eine Auswahl hat. In 50 Prozent der Fälle bekomme ich die Antwort: Genau das habe man sich schon selber überlegt! Der Kunde realisiert die Idee, die er niemals selbst gehabt hätte, dann kostenlos. Super! Beim Politiker war es aber nicht so, und er will einen angemessenen Preis bezahlen. Ich bin noch immer ratlos. Genauso ratlos wie kürzlich beim Entdecken einer Fälschung eines Kunstwerks. Was soll man dem Besitzer sagen und verrechnen, der eine offensichtliche Fälschung erworben hat? Soll ich das in Prozenten des Kaufpreises berechnen? Oder soll ich lieber schweigen?

Das Lohnbuch ist kürzlich erschienen und listet praktisch alle Berufe mit den entsprechenden Löhnen auf. Leider fehlt der Ideenverkäufer. Haben Sie eine Idee, was eine Idee kosten soll?


André Bernhard,
3.4.2015, 114. Jahrgang, Nr. 93.

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