Logo Wandzeitung
Herausgeber: Guido Blumer & Roger Rutz.
Archiv:   Blog:   Echo:   Home:   Kontakt:   Leitbild:   Partner:   Sponsoren:   Twitter

«Wandzeitung» vom 3.10.2015:

gross - grösser - am grössten:

Hoch hinaus.

Ich kenne sie nicht. Sie steht am Strassenrand gegenüber der Sträuli-Villa. Gross – ich schätze 1.95 – schlank, schön, blond, jung, hellblaue Jeans, schwarze Stiefel: da schaut Mann hin. Was ist in der Sträuli-Villa los? Offiziell gar nichts, inoffiziell aber schon. Da feiert der SMPV – der Schweizerische Musikpädagogische Verband – seinen 75. Geburtstag. Ab 17 Uhr sind die Winterthurer und Zürcher Oberländer Mitglieder eingeladen: Konzerte, Apéros, Schellackplatten-Vorführung, Spoken Word etc. etc. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die grosse Schöne auch dorthin geht, denn meist sind bei solchen Anlässen die jüngeren Leute nicht dabei. Der SMPV ist eine Art Gewerkschaft, und da fehlt es der jungen Generation oft ein wenig an Engagement. Ich erwarte gar, dass ich den Altersdurchschnitt ein wenig senke, obwohl ich in einem Jahr auch dasselbe Jubiläum feiern kann.

Vor mir überquert nun die Grosse die Theaterstrasse und schreitet mit langen, eleganten Schritten dem Eingang der Sträuli-Villa zu. Ich hinterher, sie nimmt Platz in der ersten Reihe des Salons, genau in der Mitte. Ich lasse einen Sitz frei und setze mich auch in die erste Reihe. Nun tritt ein fast so stattlicher, grosser, eleganter und schöner Mann vor das Publikum und begrüsst es in einwandfreiem Bühnendeutsch. Es ist Wolfgang Pailer, der Präsident des SMPV, der nach launigem Einstieg den wichtigsten Gast begrüsst. Es ist meine Nachbarin, die, wie wir vernehmen, im nächsten Jahr die höchste Winterthurerin sein wird, nämlich die Präsidentin des Grossen Gemeinderates. Chantal Leupi hält eine kurze, gelungene Rede zum Thema Musik – aufgeschrieben von Hand auf kariertem Papier.

Dann geht es los mit Kammermusik von Alfred Felder, gespielt von Musikern und Musikerinnen des Orchesters des Musikkollegiums Winterthur. Das ist ein Geschenk zum Jubiläums-Anlass. Anschliessend singen reife Damen einige Lieder, mutig, weil so nah am Publikum, wo man jedes Tönchen ganz exakt hören kann.

Beim anschliessenden Apéro riche vernehme ich, dass dies Chantal Leupis erste öffentliche Rede war, und dass sie – was mir unbekannt war – Mitglied er SVP ist. Ihr T-Shirt trägt das Markenzeichen «Harley Davidson», was mich zur Frage veranlasste, ob sie so ein Gefährt fährt. Nein, denn sie wolle fahren und nicht herumschrauben, was man bei einer Harley sicher müsse. Also fährt sie eine 900er Yamaha. Es wäre sicher schön zu sehen, wie sie die 184 cm auf die Maschine bringt. Mit Highheels, die sie am Anlass trug, erreichte sie mühelos die 190er-Grenze. Ob sie die grösste im Winterthurer Parlament sei? Nein, sie glaubt, dass Herr Magnusson sie schlägt.

Ich muss zugegeben: eine angenehmere Begegnung mit der SVP kann ich mir kaum vorstellen. Der Abend ging schwerelos weiter, vor allem mit Enrico Caruso und Lys Assia auf Schellackplatten.

Dass Tania Kummer und Beat Buser mit seinem Flötenensemble sich abwechslungsweise akustisch unterhielten - und damit auch das Publikum - führte zu einem schwungvollen Abschluss der Jubiläumsfeier.

Was bleibt nach einem solchen Anlass ist die schöne Erinnerung an wunderbare akustische und optische Erscheinungen.


André Bernhard,
3.10.2015, 114. Jahrgang, Nr. 276.

Artikel als PDF downloaden

Zu diesem Artikel wurde noch kein Standpunkt abgegeben.

 

Veröffentlichen Sie als erste Person Ihren

Standpunkt*:

Name:

*Wir freuen uns sehr über Ihre Gedanken zum Text des Tages, bitten Sie jedoch, keine Personen zu verunglimpfen und deren Haltung mit Respekt zu begegnen. Danke schön. Verstösse gegen unser Leitbild werden indes nicht verbreitet.

 

Winterthurs kleinste Zeitung der Schweiz.