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«Wandzeitung» vom 3.12.2015:

Kunst und Künstler:

Maler und Galerist.

Der Maler malt, der Käufer kauft. Meist kauft er nicht beim Maler, sondern beim Galeristen. Weil ich an der Metzggasse in Winterthur einige Jahre eine Galerie geführt habe, weiss ich, wie das geht. Meistens nämlich überhaupt nicht. Aber wir haben an der Metzggasse Glück gehabt, weil wir nicht vom Verkauf abhängig waren. Verena Gohl hat die Mietkosten der Galerie übernommen, so dass wir von den Malerinnen und Malern keine Prozente nehmen mussten – was sehr oft auch nicht möglich gewesen wäre, weil nichts verkauft worden war. Wir hatten daher auch nicht den Druck, nur gefällige Werke ausstellen zu müssen: Wir haben nur ausgestellt, was uns gefiel. Dafür funktionierte alles ohne Subventionen oder Einmischung von «Experten». In dieser Zeit habe ich punkto Malerei einiges gelernt, das mir später genützt hat.

Art Basel: Letztes Jahr durfte ich Helga, eine Kunstsammlerin und Millionärin begleiten und beraten. Das waren die VIP-Tage, an denen noch alles zu kaufen war, denn an den öffentlichen Tage waren die besten Sachen schon weg. So lange ich positive Urteile abgeben konnte, war alles okay, wenn ich abgeraten habe, war’s übel: Hinter meinem Rücken hat sie trotzdem gekauft, was ich abgelehnt hatte. Von den Wei-Wei-Vasen wollte ich nämlich keine einzige haben, weil sie – obwohl Sotheby's es behauptete – bestimmt nicht aus dem Neolithikum stammen. Und auch, weil sei im Preis völlig überrissen waren.

Aber der Kunstmarkt ist heute völlig überhitzt, die meisten Werke total überbewertet, was einige Künstler auch zugeben. Gerhard Richter hat anlässlich seiner grossen Ausstellung in Winterthur locker darüber sprechen können: darüber, wie einfach er es sich macht, wenn er am Computer einen einzigen Quadratzentimeter entwirft und der Computer dann den Rest macht: Wunderbar gerade Streifen wie auf einem Geschenkpapier. In seinem Film sieht man ihn mit dem Rakel an der Arbeit. Nach ein paar Farbklecksen fährt er mit dem Rakel drüber und fertig ist das Bild. Ein kleines wurde letztes Jahr in New York für 29 Millionen versteigert. Richter sagt dazu, dass es völlig übertrieben sei. Ehrlich, oder?

Ein Gegenspieler ist da Rudolf Butz aus Solothurn: Er macht in seiner gegenwärtigen Ausstellung auf kleine, einheitliche Formate, die er fertig gerahmt für 900 Franken verkauft. Es sind etwa 100 Bilder, eine tagebuchartige Produktion innerhalb zweier Jahre. Als ich nach meiner Laudatio noch dort war, gingen innert einer halben Stunde 15 Werke über den Tisch. Andere Zeitgenossen wie Florian Bühler haben eine andere Produktionstechnik: Sie malen SEHR langsam, wodurch sich über die Galeristen der Preis unziemlich steigert. Anders Sandro Zendralli aus San Bernardino: Er malt praktisch jede Nacht (nackt!) in seinem Atelier mehrere Bilder. Er malt schnell und gut, aber seine Preise sind zu hoch. In seiner letzten Ausstellung in Ibiza wollet er seine Werke ab 10 000 Euro verkaufen. Leider ging nichts, denn noch ist er unbekannt.

Neuer Trend der Galeristen bei unbekannten Malern: Sie verlangen einen Kostenvorschuss ab 4000 Franken. Happig für Anfänger!

 

 


André Bernhard,
3.12.2015, 114. Jahrgang, Nr. 337.

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