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«Wandzeitung» vom 21.10.2015:

Unser Staatsfernsehen verbrüdert sich mit der Swisscom und dem Unternehmer Ringier:

Zu dritt im warmen Doppelbett.

Die weiland freie Medienlandschaft Schweiz nimmt überraschend Wettbewerbsverzerrung an: Das Zwangsgebühren-Fernsehen SRG spannt reklamemässig mit der ersten Telekommunikationsgesellschaft hierzulande zusammen: der Swisscom, welche gleich wie die SRG vom Bund gegenüber den privatwirtschaftlich agierenden Verlegerinnen und Herausgebern arg im Vorteil ist, weil sie über Jahrzehnte die allenorts bekannte Monopol-Telefonanbieterin war. Dass sich nun – zum halbstaatlichen Gebilde der zwei – auch der Medienunternehmer Ringier zu den zwei Privilegierten ins warme Bett legt, ist hingegen völlig legitim. Als Wirtschaftstreibender ohne staatliche Sonderrechte, muss er voll unternehmerisch handeln können. Ganz einfach so, wie er sich seinen Erfolg verspricht. Allerdings wird die gemeinsame Vermarktung von Werbung in Print, Online und TV, die wichtigste Einnahmequelle mittels Reklame in den schweizerischen Medien, allein für dieses Dreiergespann lukrativ. Ihre Werbeausstrahlung wird im wahrsten Sinn gewaltig. Die übrigen rund 300 relevanten Zeitungsverleger in der Schweiz haben das Nachsehen. Denn es ist ja wohl klar, dass werbetreibende Firmen den grossmöglichsten Gewinn erwirtschaften müssen, und deshalb in diesen halbstaatlichen Verbund investieren. Dennoch werden bei diesem neuen krassen helvetischen Medienmodell ein Unternehmer und zwei privilegierte geschützte Werkstätte in eine unverdient marktmächtige Position gebracht. Swisscom, als grösster Mobileanbieter und Internet-Provider, weiss enorm viel über die Aufmerksamkeit ihrer Klientel. Und die SRG wie Ringier sind in Bezug auf das Konsumverhalten der Bevölkerung auch nicht taub oder blind und können ebenfalls auf viel Wissen zurückgreifen.

Das hat für die eh arg gebeutelten freien Medien hierzulande die Auswirkung, dass diese noch weniger bezahlte Werbeflächen oder Reklamezeit erhalten als zuvor. Denn wer wirbt nun noch in kleineren und deshalb weniger verbreiteten Blättern, Internetplattformen, Privatfernsehen? Diese Verschmelzung der bedeutensten faststaatlichen Kommunikationsriesen ist nicht mal nur eine – logisch – im negativen Sinn bedeutende Wettbewerbsverzerrung, sie ist eine medienvielfaltsmässige Katastrophe. Denn wer hat die Daten und die finanziellen Mittel, um gegen dieses Medienmonster in Konkurrenz treten zu könnnen? John Stuart Mill hat Wettbewerb weiland in dieser Weise definiert: «Wer immer in einem überfüllten Beruf oder bei einem Wettbewerb Erfolg hat, wer immer in seiner Bewerbung um eine auch von andern gewünschten Sache den Vorzug vor diesen erhält, zieht Vorteil aus dem Verluste andrer, aus ihrem vergeblichen Bemühen, aus ihren enttäuschten Erwartungen.»

Möge Schopenhauer unsere auswegslos wirkende Wettbewerbssituation bei den Schweizer Medien zum Positiven wenden, indem er fordert: «Jeder glückliche Erfolg wirkt doppelt wohltätig auf uns, indem er, ausser seinem eigenen materiellen Gewinn, noch die herzstärkende Zuversicht mit sich führt, dass die Welt, das Schicksal oder unser eigener Dämon es nicht so schlimm mit uns im Sinn haben, nicht so feindlich uns gegenüberstehn, wie wir gewähnt hatten; also unser Lebensmut herstellt.»


Guido Blumer,
21.10.2015, 114. Jahrgang, Nr. 294.

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