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«Wandzeitung» vom 6.5.2015:

Demokratieverständnis:

Wir brauchen keine Winkelrieds.

Christoph Blocher, seine Tochter Magdalena Martullo, sein Ziehsohn Roger Köppel … alle opfern sie sich selbstlos für unser Land, das ohne sie in Not ist. «Ich will zwar nicht, aber ich muss» ist die Losung, Winkelried lässt grüssen!

Das scheint der neuste Trend in gewissen SVP-Kreisen zu sein. Man übernimmt ein politisches Amt nicht, weil man Lust darauf hat oder weil man überzeugt ist von unserem demokratischen System und das Gefühl hat, man sei geeignet dafür, innerhalb dieses Systems Verantwortung zu übernehmen, sondern weil man davon ausgeht, dass es ohne das eigene Zutun schlicht nicht geht.

Vor einem Jahr trat Christoph Blocher aus dem Nationalrat zurück, mit der Begründung, die Parlamentsarbeit sei reine Zeitverschwendung. Was für ein Affront für all jene, die diese Arbeit ernst nehmen und sich ernsthaft engagieren! Und vor kurzem kündeten Roger Köppel und Magdalena Martullo ihre Kandidaturen für den Nationalrat an, mit der Erklärung, dass sie eigentlich gar nicht kandidieren möchten, aber dass es sein müsse, weil es ohne sie nicht gehe.

Von der SVP hört man immer wieder, dass unsere direkte Demokratie in Gefahr sei. Die EU, die Linken (was aus Sicht der SVP ausser ihnen eigentlich alle sind), die Nato, die UNO … alle bedrohen die Errungenschaften der Eidgenossenschaft. Und die logische Konsequenz aus ihrer Sicht ist, dass sie selber das Heft in die Hand nehmen müssen. Besonders Eindruck macht es dann, wenn man betont, dass man das eigentlich gar nicht möchte, sondern müsse, um die Schweiz zu retten.

Ich selber sehe es etwas anders. Für mich ist es eine Bedrohung unseres politischen Systems, wenn Andersdenkende dermassen desavouiert werden. Wenn eine Partei für sich in Anspruch nimmt, die einzige zu sein, die es richtig macht. Wenn allen anderen die Daseinsberechtigung abgesprochen wird und man sich selber als einzigen Massstab für das Richtige sieht. Solch absolutistische Machtansprüche gab es in der Geschichte immer wieder – und es ist nie gut herausgekommen.

Unser politisches System lebt von der Vielseitigkeit und davon, dass die Politikerinnen und Politiker der verschiedenen Ausrichtungen sich für ihre Ideen engagieren. Es ist nicht selbstverständlich, dass wir in einem Land leben, in dem wir alle eine direkte Mitsprache haben. Ich bin unseren Vorfahren unendlich dankbar, dass sie sich dafür stark gemacht haben. Und es ist für mich eine Ehre, in diesem System als Politikerin Verantwortung zu übernehmen. Ich politisiere mit Freude und Lust – und im Bewusstsein, dass ich als Parlamentarierin eine wichtige Funktion übernehme, damit unsere Gesellschaft so funktioniert, wie es seit der Gründung der modernen Schweiz vorgesehen ist.

Ich hoffe, dass die Schweizerinnen und Schweizer im Herbst keine Winkelrieds wählen, sondern Leute, die an die direkte Demokratie glauben, die mit Herzblut politisieren und das Beste für uns alle wollen.

 


Christa Benz-Meier,
6.5.2015, 114. Jahrgang, Nr. 126.

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