Logo Wandzeitung
Herausgeber: Guido Blumer & Roger Rutz.
Archiv:   Blog:   Echo:   Home:   Kontakt:   Leitbild:   Partner:   Sponsoren:   Twitter

«Wandzeitung» vom 11.1.2015:

Der Tanz ums goldene Wirtschaftswachstumkalb:

Die grosse Verdrängung.

Das Abstimmungsergebnis der Ecopop-Initiative lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Ich habe dieses Verdikt in dieser Deutlichkeit nicht erwartet, wurden doch mit dieser Volksinitiative viele wichtige Themen angesprochen, die uns eigentlich fundamental beschäftigen müssten. Allen voran die äusserst schwierige Frage, wie lange der Tanz ums goldene Wirtschaftswachstumkalb denn noch dauern soll und kann. Einmal mehr haben wir uns um die Auseinandersetzung mit dieser Frage gedrückt. Die Politik und die Wirtschaft, die Parteien und die Medien – alle lenkten sie von einer Grundsatzdiskussion ab und konzentrierten sich stattdessen in bekannter SVP-Manier auf das Diffamieren und primitivste Beschimpfen der Initiantinnen und Initianten. Nur – mit dem grossen Verdrängen eines grossen Problems werden wir weder Lösungsansätze dafür finden, geschweige denn gemeinsam erarbeitete Massnahmen umzusetzen beginnen. Und dies in einer Zeit, während der nicht nur bei uns, sondern weltweit Lösungen gefragt sind: Im Zusammenhang mit dem Klimawandel und dem absehbaren Rückgang der nicht erneuerbaren Energiequellen. Wie lange wollen wir noch verdrängen, dass wir in einer Dauerkrise stecken, weil wir in unseren reichen Ländern schon Jahrzehnte über unsere Verhältnisse leben?

Wer über seine Verhältnisse lebt, also mehr ausgibt als einnimmt, mehr verbraucht als produziert, muss nach aller Logik seine Ausgaben und seinen Verbrauch senken. Das gilt nicht nur für die Griechen. Alle reichen Länder werden nicht so weitermachen können wie bisher, auch wir Schweizerinnen und Schweizer nicht. Die Nichtdiskussion über das heilig gesprochene Wirtschaftswachstum lässt vermuten, dass die Bereitschaft zu akzeptieren – noch – nicht vorhanden ist, dass die Party vorbei ist. Das grosse Verdrängen als überparteilicher Konsens? Das ewige Wirtschaftswachstum als gemeinsame Ideologie? Es scheint so! Was geliefert wird sind Manöver, um Zeit zu gewinnen. Aber aufhalten lassen sich die notwendigen Veränderungen nicht. Und ohne Zweifel werden diese Veränderungen nicht mehr von der gleichen Art sein können wie in der Hochkonjunktur der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts.

In einer solchen Umbruchzeit würde eigentlich eine grosse Chance für eine politische und wirtschaftliche Alternative liegen. Eine Bewegung, die sich öffentlich Gedanken darüber machen müsste, wie wir aus dieser Sackgasse herausfinden und neue Wege einschlagen könnten. Früher einmal wurde diese Rolle von der Sozialdemokratie gespielt. Doch das scheint vorbei zu sein. Sie versucht im grossen Teich der Mitte mit Besitzstandsversprechungen Wählerstimmen zu gewinnen. Kurzfristig wohl nicht ohne Erfolg, wird sie so möglicherweise zusammen mit der SVP zu den Wahlgewinnerinnen der nächsten Wahlen gehören. Doch wie bei allen anderen Parteien sind diese Versprechungen auf Wachstumsstand gebaut. Dieser wird aber auf Dauer keine Basis für die Lösung der anstehenden und noch auf uns zukommenden Probleme bilden können, da er selber das eigentliche Grundproblem darstellt. Wie lange wollen wir noch an diese Wachstumsideologie glauben?


Ludi Fuchs,
11.1.2015, 114. Jahrgang, Nr. 11.

Artikel als PDF downloaden

Zu diesem Artikel wurde noch kein Standpunkt abgegeben.

 

Veröffentlichen Sie als erste Person Ihren

Standpunkt*:

Name:

*Wir freuen uns sehr über Ihre Gedanken zum Text des Tages, bitten Sie jedoch, keine Personen zu verunglimpfen und deren Haltung mit Respekt zu begegnen. Danke schön. Verstösse gegen unser Leitbild werden indes nicht verbreitet.

 

Winterthurs kleinste Zeitung der Schweiz.