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«Wandzeitung» vom 13.2.2015:

Der Gemeindekanton Zürich:

Winterthur trägt mehr Zentrumslasten.

In zwei Monaten wählen wir im Kanton Zürich eine neue Regierung und ein neues Parlament. In den letzten Wochen hat sich der Kantonsrat intensiv mit dem Gemeindegesetz auseinandergesetzt. Für Aussenstehende eine trockene Materie. Dabei ist die Organisation und der Aufbau unseres Kantons für seine Zukunftsfähigkeit von grosser Bedeutung. Gerade in Zeiten, in denen Veränderungen anstehen, alles immer schneller dreht und dynamischer wird. Die Herausforderungen und Themen von der Gewährung der Sozialhilfe über die Raumplanung und das Volksschulsystem bis hin zur Spitalplanung, der Pflegefinanzierung und die Rechnungslegung werden immer komplexer.

In dieser Welt mutet es bei aller Sympathie für Gemeindenähe und im Wissen darum, dass die Einwohnerinnen und Einwohner sich am stärksten mit der kommunalen Ebene identifizieren, merkwürdig an, dass ausgerechnet der Kanton Zürich, der mit dem Grossraum Zürich als Wirtschaftsmotor der Schweiz und als weltoffen gilt, einer der strukturkonservativsten im Land ist. Nach den Gemeindefusionen von Wiesendangen und Bertschikon sowie Bauma und Sternenberg verfügt der Kanton Zürich immer noch über 169 Gemeinden. Die Spannbreite geht von der Gemeinde Volken im Flaachtal mit rund 300 Einwohnern bis zur Stadt Zürich mit 400 000 Einwohnern. Bemerkenswert ist auch, dass ein erheblicher Anteil der Gemeinden mit weniger als 2000 Einwohnern im nordöstlichen Drittel des Kantons liegt. Also in den Bezirken Andelfingen und Winterthur sowie im Tösstal. In einem Gebiet, das praktisch über keine Agglomeration verfügt und – abgesehen vielleicht von Illnau-Effretikon – neben der Stadt Winterthur auch über keine (kleine oder zumindest mittelgrosse) Stadt. Dies dürfte eine Ursache sein, weshalb Winterthur mehr Zentrumslasten trägt als andere Städte.

Für diese Städte ist der Kantonsrat aber nach wie vor ein hartes Pflaster. Während es sich nicht ziemt – möglicherweise kontraproduktiv wäre – als Stadtrat von Zürich oder Winterthur im Kantonsrat zu sitzen, gehört dies bei kleineren Gemeinden quasi zum Jobprofil des Gemeindepräsidenten. Nicht wenige sitzen im Kantonsrat insbesondere, um die eigenen Gemeindeinteressen zu verteidigen. Das ist legitim und hat auch etwas für sich: So macht es Sinn, dass der kantonale Gesetzgeber Beschlüsse in Kenntnis jener kommunalen Exekutiven fasst, die diese auch umsetzen müssen. In der Summe kann dies aber auch dazu führen, dass die Gewaltenteilung verwischt wird. Absurd wird es dann, wenn man sich wie beim Kindes- und Erwachsenenschutzrecht gegenüber einzelnen Gemeindepräsidenten rechtfertigen muss – nur weil man jenes Gesetz umsetzt, dass diese in ihrer Funktion als Kantonsrat beschlossen haben. Dass die Gemeindeautonomie hoch gehalten wird und die raison d’être für viele Gemeindepräsidentenvertreter im Kantonsrat ist, ist nichts Neues. Dass die Gemeindeautonomie nur selektiv gilt, ist dagegen eine neue Erkenntnis. Als es beim Gemeindegesetz darum ging, dass Parlamentsgemeinden, also grosse und mittelgrosse Städte, auch die Möglichkeit haben sollten, auf Schulpflegen zu verzichten, wurde ihnen dies nicht gewährt.


Nicolas Galladé,
13.2.2015, 114. Jahrgang, Nr. 44.

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