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«Wandzeitung» vom 13.4.2015:

Von Propagandatricks:

«Comical Ali» und «Comical Ueli».

In einer Zeitung war kürzlich vom «doppelten Tsipras» die Rede. Gemeint waren die zwei Gesichter des griechischen Ministerpräsidenten: Jenes im Inland, das eine kämpferische, gegen Europa gerichtete Rhetorik beinhaltet sowie jenes bei Auftritten im Ausland, wo er zunehmend konzilianter, gemässigter wirkt.

Es ist nicht neu, dass Staatsführer aus opportunistischen Gründen nach innen gerichtet die Realitäten biegen, um Stimmungen zu schaffen, die ihre Machtbasis stärken. Oder aber politische Kräfte mit radikalen aussenpolitischen, nach innen gerichteten Parolen ihre Wirkung nicht verfehlen und damit die Basis für Wahlerfolge und Mehrheiten schaffen.

Nach innen gerichtete Propaganda, die Konflikte schürt oder in gar in kriegerischen Konflikten innenpolitische Stimmungen schafft, stösst auf besonders fruchtbaren Boden, wo der Staat ein Medienmonopol hat und dieses für seine Zwecke instrumentalisiert. Und natürlich dort, wo eine Abschottung gegenüber dem Ausland besteht. Veritablen Kult-Status erlangte diesbezüglich im Golfkrieg der irakische Informationsminister, «Comical Ali» genannt, der bis zuletzt die Realität ins Gegenteil verkehrte, Durchhalteparolen von sich gab und damit die Propaganda karikierte.

Dass auch Meinungsfreiheit, Demokratie und Friedenszeiten nicht vor Propaganda schützen, sehen wir in unserem nächsten Umfeld:

Wer die Rolle der Schweiz im zweiten Weltkrieg kritisch hinterfragte, wurde bis in die 90er-Jahre als Landesverräter beschimpft. Spätestens seit dem Bergier-Bericht wissen wir, dass die unsere offizielle Geschichtsschreibung in der Nachkriegszeit eine Selbstlüge war.

Wer das Bankgeheimnis hinterfragte, wurde in Zeiten des kalten Krieges verbal nach Moskau (einfach) geschickt. Unter internationalem Druck und zu einem hohen Preis hat sich das Bankgeheimnis mittlerweile in Luft aufgelöst.

Als Anfang des Jahrtausends im Luftverkehr ein Staatsvertrag mit Deutschland vorlag, wurde dieser auf bürgerlichen Druck im Parlament abgelehnt. Es wurde behauptet, man werde auf internationalen Gerichtshöfen bessere Konditionen für die Schweiz erreichen. Der damalige SVP-Präsident Ueli Maurer sprach von «Retorsionsmassnahmen gegen Deutschland». Doch weder auf die fremden Richter noch auf schweizerische Retorsionsmassnahmen konnte man sich verlassen. Mittlerweile ist allen klar, dass die Schweiz nie mehr einen besseren Vertrag erreichen kann, als jener, der vor über zehn Jahren mit Pauken und Trompeten abgelehnt wurde.

Die drei aufgeführten Beispiele liessen sich beliebig fortsetzen, alleine europapolitisch liesse sich über die letzten 25 Jahre eine Linie von EWR-Abstimmung über Bilaterale Verträge bis zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative ziehen, die von einer selbstbelügenden Rhetorik nach innen dominiert wurde, die «Comical Ali» in nichts nachsteht.

Erstaunlich ist allerdings, dass im Gegensatz zu «Comical Ali» die Rhetorik der «Comical Uelis» bei uns nach wie vor gut verfängt.


Nicolas Galladé,
13.4.2015, 114. Jahrgang, Nr. 103.

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