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«Wandzeitung» vom 13.8.2015:

Teil III (Schluss):

Der gespaltene Kanton.

Gegensätze können eine Bereicherung sein für ein Gemeinwesen. Der Kanton Zürich weist bezüglich Vielfalt ideale Voraussetzungen auf. Diese Chance wird aber zu wenig genutzt. Wir denken zu wenig über die Gemeindegrenzen hinaus und in funktionalen Räumen, weil eine falsch verstandene Gemeindeautonomie über allem steht. Dies führt dazu, dass alle Gemeinden alles machen wollen. Und dies in einer immer schneller drehenden und komplexer werdenden Welt. Statt vermehrt zu kooperieren, den Kanton Zürich als Ganzes zu sehen und damit das Optimum aus der Vielfalt herauszuholen, konkurrenzieren sich die Gemeinden bis zur Einfältigkeit. Das ist nicht nur ineffizient, sondern wir vergeben damit einen erheblichen Teil unseres Potentials. Und gefährden unsere Position als weltoffenen, zukunftsgerichteten Metropolitanraum und Wirtschaftsmotor durch die Kleinteiligkeit, Kleinräumlichkeit und Kleingeistigkeit, die im Strukturkonservatismus gründen, aus dem auch das überproportionale Gewicht, die Dominanz der Gemeinden in der Politik des Kantons Zürich hervor geht.

Akzentuiert tritt dieser Gegensatz im nordöstlichen Drittel des Kantons hervor, der durch ländliche, kleine und tendenziell ärmere Gemeinden geprägt ist. Abgesehen vom Zentrum, der Stadt Winterthur, gibt es keine weitere städtische Gemeinde und auch keine eigentliche Agglomeration. Die Stadt Winterthur hat eine doppelte Funktion: Aus gesamtkantonaler Perspektive und gegenüber der boomenden Stadt Zürich ist sie, obschon «Grossstadt» Agglomeration. Im nordöstlichen Drittel des Kantons nimmt die Stadt Winterthur hingegen eine herausragende Zentrumsfunktion wahr: Als Kernstadt ohne Agglo und – etwas überspitzt gesagt – als Grossstadt inmitten von Dörfern.

Was für den Kanton Zürich gilt, gilt für die Stadt Winterthur als Zentrum seines Umlandes in verschärftem Masse: Die Zentrumslasten, für Infrastruktur, aber auch bezüglich Sicherheit, sozialen und integrativen Leistungen oder auch kulturellen Angeboten werden ungenügend abgegolten. Stattdessen herrscht zwischen Gemeinden und Regionen ein Wettbewerb um Arbeitsplätze, Steuerzahler, Verkehrsinfrastrukturen. Und aufgrund fehlender Lastenausgleichssysteme droht zunehmend ein Wettbewerb mit negativen Vorzeichen, wenn es um die unwürdige Abwehr des Zuzugs von «schlechten Risiken» geht, die potentiell Kosten für Bildung, Gesundheit und Soziales verursachen: Familien, ältere Leute, Menschen mit einer geringeren Berufsbildung.

Mit Blick auf die Zukunft gilt es für den Kanton Zürich – und erst Recht für Winterthur – das begrenzte Gemeindedenken zu überwinden und als Ganzes zu denken. Das bedingt, dass Gemeinden und Regionen unterschiedliche Rollen und Aufgaben erhalten und auch unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Ein Orientierungsrahmen dazu gibt das Raumordnungskonzept des kantonalen Richtplans, von dem man auch die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Entwicklungen ableiten sollte. Zwingend ist, dass die Gemeinden und Regionen mit den notwendigen Mitteln ausgestattet werden, um ihre vorgesehenen Aufgabe erfüllen zu können. Dazu müssen die spezifischen Lasten abgegolten respektive zwischen den Gemeinden ausgeglichen werden.

 


Nicolas Galladé,
13.8.2015, 114. Jahrgang, Nr. 225.

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