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«Wandzeitung» vom 13.10.2015:

«Wer das Asylchaos beenden und unsere Arbeitsplätze sichern will,

wählt Liste 1.»

Wir stehen wenige Tage vor den Wahlen. Der Wahlkampf neigt sich dem Ende zu. Und das ist dann auch gut so. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen. Ich finde es in einer Demokratie zumutbar, im Rahmen eines Wahlkampfes mit allem, was dazugehört, konfrontiert zu werden. Oder wie es Andrea Sprecher in einer Kolumne im P.S. treffend formulierte: «Ich verlange nicht viel, nur das: Dass man sich in diesem wohligen Land gefälligst nicht darüber aufregt, wenn man alle vier Jahre einmal durch Papier in Form von Flyern und Plakaten ein bisschen von dieser Demokratie belästigt wird. Eure Privatsphäre ist eine Errungenschaft genau dieser Politik. Ich finde, Schöggeli, Gratisäpfel, Flyer im Briefkasten und ein klingelndes Telefon sind ein kleiner Preis dafür, dass wir frei sind und wählen können.»

Die Materialschlacht im Briefkasten oder der Spiessrutenlauf durch die Marktgasse gehören dazu. Und ich habe Respekt vor dem Programm, das die Kandidierenden abspulen. Während man häufig die Aussage hört, ein eidgenössisches Parlamentsmandat sei mit einem Milizamt kaum vereinbar, komme ich zum Schluss, dass ein ambitionierter Nationalrats-Wahlkampf kaum mehr milizverträglich ist.

Mich stört eher, dass inhaltlich kaum verdaubar ist, was produziert wird. Das war auch schon in früheren Wahlkämpfen so. Aber aus der Exekutive hat man da einen etwas anderen Blick. Während man in einem Parlamentswahlkampf alles Mögliche (und Unmögliche) verspricht und mit pointierten Forderungen sich aus dem Meer von Kandidierenden bemerkbar zu machen versucht, wirkt der Exekutivpart langweilig. Man vermittelt, man habe alles im Griff, es gebe keinen Handlungsbedarf. Man versucht ein ruhiges Umfeld zu schaffen für jene, auf die es ankommt: die Mitarbeitenden. Man will diese nicht noch belasten mit provokativen Äusserungen – schliesslich wird einem jedes Wort und jede Tat auf die Goldwaage gelegt: Ein Nacktselfie von Nationalrat Geri Müller wäre weitgehend folgenlos geblieben. Ein Nacktselfie von Stadtpräsident Geri Müller dagegen wird zur Endlos-Affäre.

Solche schreienden Nackt-Selfie-Ungerechtigkeiten kompensieren Exekutivmitglieder mit Klugscheisserei. Man erlaubt sich, Politik ernst zu nehmen, Wahlwerbung zu lesen. Kürzlich stach mir in einer Gratiszeitung folgender Titel ins Auge: «Wer das Asylchaos beenden und unsere Arbeitsplätze sichern will, wählt Liste 1». Darunter um ein halbseitiges Porträt über einen Nationalratskandidaten, nennen wir ihn Herrn Lehmann. Interessiert fahnde ich nach den Rezepten, mit denen Herr Lehmann das Asylchaos beenden will. Fehlanzeige. Ich finde dazu keine Ausführungen. Die Begriffe «Asyl» oder «Asylchaos» kommen im Text nicht vor. Stattdessen erfahre ich von Herrn Lehmann Allgemeinheiten wie «Prüfen, überlegen, analysieren», «lifere, statt lafere» oder «Erst denken und sagen – dann tun». Diese Weisheiten nehme ich mir hingegen zu Herzen. Und werde mich in den Tagen bis zu den Wahlen dafür einsetzen, dass möglichst viele Menschen wählen. Denn für die Arbeit eines Exekutivmitglieds ist die Zusammensetzung der Parlamente von entscheidender Bedeutung.

 


Nicolas Galladé,
13.10.2015, 114. Jahrgang, Nr. 286.

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