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«Wandzeitung» vom 25.7.2015:

me sett halt rede mitenand:

gute gespräche.

mani matter hat in einem interview davon gesprochen, wie er die gespräche mit seiner frau auf langen nächtlichen autofahrten genossen habe. nebeneinander im dunkeln sitzend und stunden nächtlicher fahrt vor sich ausgebreitet zu haben, das kann eine gute konstellation sein für den gedankenaustausch.

oft auch sitzen sich zwei paare gegenüber, beim essen oder einem glas wein, und die einfälle spritzen von allen seiten, fröhlichkeit breitet sich aus, geistvolles spiel der gedanken und wortspiele. ich erinnere mich an abende nach der probe, wenn ein paar von uns noch bei einem glas wein zusammen sassen und die angebrochene nacht zu verkürzen suchten.

manchmal aber zieht ein platzhirsch oder ein plaudermaul das gespräch an sich und spricht nur noch von sich, und jeder einwurf ist anstoss, dass er oder sie eine neue geschichte von sich ausbreiten kann. die sätze haben keinen punkt, sondern an jedem ende ein ‚und‘. je aufmerksamer die zuhörenden sind, umso mehr beflügelt es seine zunge … und der abend klingt aus mit dem seufzer: so, das wèèrs dänn gsii, und was händ s vu miir wele wüsse?

gute gespräche führen ist eine kunst. wer daran teilnehmen will, sollte immer auch auf einer zweiten ebene mitdenken: läuft es gut? können alle, die das wollen, sich einbringen? ist mein beitrag zum ganzen förderlich? oder frei nach sokrates: kommen wir der wahrheit näher?

eigentlich hätten wir schon in der schule gute gespräche erfahren sollen. leider findet dieser lernprozess dort kaum statt. meine untersuchungen am sprachunterricht, die ich dokumentiert habe, zeigen es auf: vorwiegend die lehrpersonen trainieren ihre sprache. sie sprechen, wie meine quantitative erfassung ergibt, viermal mehr als die gesamte schülerschaft in der summe. das sind keine dialoge; es sind monologe mit eingestreuten kleinen unterbrechungen, sind im besseren falle pingpongspiele ohne mitteilungsgehalt. wo quantitativ nichts gesagt wird, da kann auch inhaltlich nichts zur sprache kommen und mitgeteilt werden. wir würden besser in der schule die pausen verlängern. dort wenigstens kann soziales lernen und kann sprachübung geschehen.

gute gespräche setzen voraus, dass ich von den andern etwas erfahren möchte. sie leben von einem ausgeglichenen geben und nehmen. insofern ist die wandzeitung eine form des gesprächs: viele beteiligte kommen zu wort, wenn auch eine nach dem andern und nicht zu einem gemeinsamen thema. da wäre noch der blog, bei dem wir eingehen könnten auf das gesagte. bisher ist er wenig benützt worden. das kann noch werden.

 

 


alfred vogel,
25.7.2015, 114. Jahrgang, Nr. 206.

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