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«Wandzeitung» vom 26.5.2015:

Zählen herumliegende Waffen mehr als Menschenleben?

Chantal Galladé, die Standhafte.

Wenn Menschen in einer verzweifelten Situation stecken, greifen vor allem die männlichen oft zu Schusswaffen, denn die liegen in der Schweiz – verantwortungslos – für jedermann erreichbar herum. Die Pistole ist so schnell in der Hand wie das Sturmgewehr! Und wenn der deprimierte Mann glaubt, keinen Ausweg aus einer Misere zu finden, drückt er schneller ab, als er denken kann. Freilich mag er in einer solchen Situation nicht an seine Lieben denken. Unsere Winterthurer SP-Nationalrätin Chantal Galladé ist von einem solch brutalen Abschuss eines Ichs persönlich betroffen. Ich auch. Es gibt in unserem Land – im Durchschnitt des letzten Dezenniums – sage und schreibe jährlich 341 vollzogene Suizide durch die Kugel und ein Vielfaches an tief betroffen Angehörigen und Getreuen. Die Selbsttötung eines geliebten Menschen bleibt eine lebenslange Qual. Als hinterlassene verehrende Tochter, vergötternder Sohn, guter Freund, geliebte Partnerin: Die Tatsache, dass man auf diese brutale Weise verlassen wurde, treibt einem auch Jahre später Tränen in die Augen und Schmerz ins Herz. Und klar kann man die Schuldgefühle niemals verdrängen, muss damit leben, dass man womöglich ein Zeichen missdeutet hat, nicht voll präsent war.

Lediglich in Amerika töten sich – mit 57 Prozent aller Suizide – nur wenig mehr Untröstliche mit der Schusswaffe als in unserem Land. In Finnland und Norwegen sind es 20 Prozent, in Deutschland 8 und in Spanien 5,5. Ein Schuss hat übrigens eine sehr hohe Letalität: 90 Prozent der Abdrückenden sterben tatsächlich. Wie es den anderen – womöglich schwerst Verletzten – geht, wage ich nicht zu bedenken. Gemäss einer Studie der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich spielt bei der Tötungsmethode die Verfügbarkeit eines letalen Instruments eine wesentliche Rolle. Über die Anzahl der gefährlichen Knarren im Land gibt’s lediglich Schätzungen von einer Million bis vier Millionen! Von all diesen bedrohlichen Geräten sind derzeit offenbar nur 750 000 registriert. Das muss geändert werden:

Die Kantone, die Polizeikommandanten und Chantal Galladé fordern – entgegen der emotional debattierenden Nationalratsmehrheit – logischerweise eine lückenlose Registierung dieser todbringenden Geräte. Immerhin soll mit den kantonalen Registern und der vom Bund geführten Kartei Armada der Informationsaustausch verbessert werden. Galladé ist hartnäckig, der Dorn im Hintern der ignoranten Waffenlobby. Diesmal handelt sie wohl konsequent nach Napoleons erstem Leitsatz: «Die Hartnäckigen gewinnen die Schlachten.» Sie hat wohl gute Chancen, den Ständerat für ihr Ziel zu gewinnen. Und ich hoffe sehr, dass die Geister der uneinsichtigen Räte die Registierung all der vergessenen oder fahrlässig deponierten Waffen als humane Handlung entdecken, die womöglich sogar Grund zur Wiederwahl ins hohe strategische Gremium ist.

«Es gibt nur eine Lebensphilosophie, so tausendfach auch ihre Schulen sind, und ihr Name heisst Standhaftigkeit.» Earl Lord Bulwer Lytton muss visionär an unsere Winterthurer Menschenfreundin gedacht haben: an die Sicherheits- wie Bildungs-Politikerin Chantal Galladé, die federführende Kämpferin – auch in dieser unseligen Gewalt-Geschichte. Chapeau!


Guido Blumer,
26.5.2015, 114. Jahrgang, Nr. 146.

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