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«Wandzeitung» vom 6.8.2014:

Zaun des Anstosses, aber vor allem eine innovative künstlerische Idee:

Wohlgeformte Rostarmierungsgitter.

Winterthur hat bei den 2007 und 2011 vom Volk bewilligten Baukosten von 200 Millionen Franken für die Erneuerung der KVA, ein knappes Prozent, respektive 380 000 Franken, aus dem Abfallgebührentopf für Kunst am Bau aufgewendet – an einem besonders publikumsintensiven Ort: An der Sankt Gallerstrasse, der Verbindung der Altstadt zum neuen zweiten Stadtzentrum Neuhegi.

Diese brillante Ein-Prozent-Idee für kreatives Schaffen ist nicht neu. Schon Ende der Dreissigerjahre initiierte Hans Rüegg, der damalige Stadtpräsident der Demokraten, über diesen Entscheid die Freigabe beachtlicher Finanzmittel für die Aufwertung unseres Stadtbildes. Und seither leben alle seine Nachfolger in enger Tuchfühlung mit den Kunstschaffenden ihrer Zeit: Sein Parteikollege Urs Widmer, der Freisinnige Martin Haas, der Sozialdemokrat Ernst Wohlwend und nun der Christdemokrat Michael Künzle begründeten und entwickeln unsere schöpferische Stadt. Der Kunstführer online offenbart die wunderbare Fülle und die Vielfältigkeit der auf unserem Erdreich geschaffenen und präsentierten Werke. Jetzt ist also unsere Stadt um eine künstlerische wie funktionale Kreation reicher: Die 200 Meter lange Umzäunung der Kehrichtverbrennungsanlage mit Gittermattenzaun hat im Bereich des offenen Hofs die Aufgabe einer Abschrankung der Betriebsfläche. Dabei ist das Gesamtareal optisch nicht abgeschottet, Aktivitäten innerhalb und ausserhalb des Areals sind beidseitig schicklich erlebbar. Und im Bereich des Werkgebäudes ist die Einfriedung tatsächlich so was wie das gelungene eigenwillige Gesicht des Areals. Er ist in angemessenem Abstand vor der Fassade in unseren guten Boden zementiert und erfüllt die entsprechenden Anforderungen an die Funktionalität, unter Berücksichtigung der dahinterliegenden Konstruktion und Öffnungen. Als Ort für die künstlerische Intervention wurde primär die Einfassung des Werkhofs ausgeschieden und in zweiter Linie die Promenade, die Fussgänger- und Veloverbindung zwischen Kronaustrasse und dem zunehmend frequentierten Bahnhof Grüze.

Es ist verständlich, dass das wohlgeformte Rostarmierungsgitter bei Normdenkenden gewaltig aneckt und kreative Köpfe herrlich anregt. Ämel verführt der von der Künstlerin Katja Schenker und den Handwerkern mit Baggern, Ketten und Schweissgeräten kreativ verbeulte – vier Meter hohe Gitterzaun vor grauem Gemäuer – unsere Augen: mal mit engeren und rostrot leuchtenden Rechtecken, mal mit offenerem Netz von rostbraun wirkenden Rauten. Es ist eine herrlich kunstvolle und überraschend ästethische Korrosions-Spielerei.

Der Name des Werks stammt übrigens aus der griechischen Mythologie: Kerberos, der Höllenhund, der den Eingang zur Unterwelt bewacht. Bei uns ist das rostige Armierungsgitter, also eine Schönheit, vor dem Abfallofen.

Und wenn wir monetär mal wieder ganz bös untendurch müssen wie jetzt, wären für uns – bloss als Kulturtipp – die Lichttage eine die Seele und den Geist erhellende Therapie. Bei unserem städtischen Jahresumsatz von 1,4 Milliarden Franken beklagen wir nämlich unsere geschwundenen Finanzmittel auf ganz leicht erhöhtem Niveau.

 


Guido Blumer,
6.8.2014, 113. Jahrgang, Nr. 62.

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