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«Wandzeitung» vom 20.8.2014:

Keine neue Risikozone durch ein Endlager, allenfalls bei einem AKW:

Atommüll im Weinland, nein danke!

Weil ein bedeutender Teil der Menschheit glaubt, über der Erschaffung der Welt zu stehen, denkt dieser relevante Teil der Krone der Schöpfung auch, die Atommüllentsorgung sei ein Kinkerlitzchen, weniger poetisch: eine Nichtigkeit. Das hat aber der eher für dumm gehaltene demütige Teil der schweizerischen Bevölkerung erkannt und längst für wenig weitsichtig empfunden. Seit 1969 wird diese unberechenbar bedrohliche Energie in der Schweiz produziert, im KKW Beznau 1. Seither ist Beznau 2, Gösgen, Leibstadt und Mühleberg am Netz, und wir schlafen wohl trotzdem so wie eh und je. Nur in diesen quälenden Nächten, wenn nicht das Wissen hochkommt, sondern die Angst, dann wirken auch die Atomabfälle schlafraubend.

Aber wie kann man sich nur selbst mittels Bangnis das Leben so vermiesen, denken wohl viele kluge Köpfe. Wir haben doch alles im Griff: Alle zehn Jahre werden im Umkreis der fünf Schweizer Kernkraftwerke Jodtabletten an die Bevölkerung verteilt. Dabei handelt es sich lediglich um eine vorsorgliche Schutzmassnahme für den Fall eines Störfalls. Im Januar hat der Bundesrat den Radius für die direkte Verteilung der Pillen an die Bevölkerung notabene von 20 auf 50 Kilometer Abstand zum AKW ausgeweitet, so kommt auch Winterthur zu den Kapseln.

Jedem vernunftbetonten Erdenkind war’s und ist’s klar, dass Atomkraft zu keinem Zeitpunkt verantwortet werden konnte und kann. Dennoch sind Leute in Verantwortung auf die gloriose Idee gekommen, in einer der schönsten Landschaften der Schweiz, da wo köstliche Trauben reifen, im Zürcher Weinland zwischen Winterthur und Schaffhausen ein Atom-Endlager zu errichten. Und jede demokratisch gesinnte Seele im Land glaubt, dass das letzte Wort vom Volk gesprochen wird. Das ist indes ein böser Irrtum. Es gibt nicht mal ein Mitbestimmungsrecht der betroffenen Gemeinden, die der Nagra – der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle – verbieten könnten, den Atommüll für immer unter den göttlichen Weinbeeren zu begraben. Freilich verweigert die Bevölkerung Standortvorschläge konsequent, weil der sicherste Ort womöglich eh nicht sicher genug ist. Es kann also sein, dass innerhalb der Schweiz kein Atomgrab gefunden werden kann, weil die Risiken einfach zu gross sind. Regierungsrat Markus Kägi sagt es deutsch und deutlich, dass die Mitwirkung der Bevölkerung in der Endlagerfrage nur so weit geht, bis diese den sicherheitsgerichteten Ansatz untergräbt.

Nur: Können wir es eher verantworten, die hoch radioaktiven Atommülltransporte wöchentlich vom Zwischenlager Würenlingen über Bülach und Pfungen durch den Winterthurer Hauptbahnhof ins Weinland rollen zu lassen oder unseren Strahleabfall anderen Ländern zuzumuten? Weder noch! Die Lösung muss schlicht in der Schweiz gefunden werden, und da drängen sich doch wohl nur die bereits bestehenden vier Risikogebiete als Müllplätze auf: die Standorte der gebauten schnellen Brüter, da wo die bedrohlich unberechenbaren Strahlen schon sind. Freilich muss aber alles Menschenmögliche für die Sicherheit der Bevölkerung im Land getan werden. Es bleibt allemal ein gefährliches Experiment.


Guido Blumer,
20.8.2014, 113. Jahrgang, Nr. 76.

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