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«Wandzeitung» vom 22.1.2015:

1990 gab es bei uns noch eine mit Mauern umgebene verbotene Stadt:

Das Werk 1 für Winterthur.

Seit 25 Jahren entsteht auf dem Sulzerareal zwischen Hauptbahnhof und Tössfeld ein neues Stadtquartier. Im Alltag vergessen wir manchmal, wie komplex, tiefgreifend und bedeutend diese Entwicklung für Winterthur war und ist. Wenn ich heute der Zürcherstrasse entlang gehe, erinnere ich mich, wie dort 1990 noch Mauern und Tore die Grenze zu einer verbotenen Stadt waren. Jetzt treffe in der vorderen Hälfte des Areals auf reges öffentliches Leben. Dass wir heute sogar stolz sein können auf die Entwicklung des Sulzerareals in den letzten zwei Jahrzehnten, ist das Ergebnis eines Lern- und Verständigungsprozesses aller Beteiligten. In den 1990er-Jahren erlebte ich ihn als Mitarbeiter bei Sulzer und als Gemeinderat mit.

Am 8. März stimmt Winterthur über den letzten grossen Entwicklungsschritt ab: den Gestaltungsplan für das Werk 1. Dieser Arealteil war einst ein Teil des SLM-Werkgeländes. Er beginnt hinter der Halle 53, endet an der Jägerstrasse und wird seitlich begrenzt von Zürcherstrasse und Lagerplatzareal. Der Gestaltungsplan setzt verbindliche Leitplanken für die Entwicklung und Bebauung. Der Gestaltungsplan für das Werk 1 ist der fünfte und letzte auf dem Sulzerareal. Er ist der strengste und detaillierteste. Sechs Jahre lang wurde er unter der Führung der Stadt erarbeitet, in einem Mitwirkungsverfahren konnte sich auch die Winterthurer Öffentlichkeit einbringen. Zuletzt wurde er über ein Jahr lang in der Baukommission des Gemeinderats verhandelt, bevor ihn der Rat mit 56 zu 2 Stimmen guthiess.

Heute stehen die Winterthurer Parteien fast ausnahmslos hinter dem Gestaltungsplan. Es gelang ein ausgewogener Kompromiss, der allen dient, und dem wir Sorge tragen sollten. Die Erfahrungen der bisherigen Sulzerareal-Entwicklung führten zu einem sorgfältigen Ausgleich zwischen Denkmalschutz und Neubauten, zwischen Bildung, Wohnen, Arbeit und Freizeit. Gleichzeitig sind 30 Prozent der Wohnfläche für gemeinnütziges Wohnen vorgeschrieben, ebenso ein finanzielles Engagement der Grundeigentümer für den öffentlichen Raum und ein fortschrittliches Verkehrsmodell. Und die ZHAW, die in Winterthur dringend mehr Platz braucht, ist als Hauptnutzerin vorgesehen.

Dass trotzdem das Referendum gegen den Gestaltungsplan ergriffen wurde, ist ein legitimes demokratisches Recht. Die Gegner sollten allerdings nicht ausblenden, dass mit einer jahrelangen sorgfältigen Arbeit ein ausgewogenes Ganzes geschaffen wurde. Wegen Einzelheiten darf der Blick fürs Ganze nicht verloren gehen. Zum Beispiel wegen des Hochhauses von maximal 100 Metern Höhe, das den Gegnern zu hoch ist. Schon das Hochhaus selber ist das Resultat eines Ausgleichs – zwischen städtischer Verdichtung, dem Erhalt alter Hallen mit geringer Nutzungsdichte und dem Schaffen öffentlicher Plätze. Auch ich musste im Laufe der sechs Jahre in einzelnen Aspekten von meiner ursprünglichen Meinung abrücken, hätte Einzelnes lieber anders gehabt. Doch heute ist für mich der Gestaltungsplan zum Werk 1 ein Gewinn für ganz Winterthur. Ein Schritt nach vorne zur richtigen Zeit.

 

 


Dieter Kläy,
22.1.2015, 114. Jahrgang, Nr. 22.

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