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«Wandzeitung» vom 22.9.2015:

Vom Luxus, wählen und abstimmen zu dürfen:

Die Welt driftet auseinander.

Die vergangenen beiden Jahre haben die Fragilität unserer Welt und vor allem auch Europas wieder deutlich vor Augen geführt. Die Ukraine- und Krimkrise 2014 hat viele Opfer gefordert und Grenzen verschoben. Nach der widerstandslosen Einverleibung der Krim in die Russische Föderation im März 2014 weitete sich Anfang April 2014 die Krise in den Osten der Ukraine aus. In den ostukrainischen Städten Donezk und Luhansk fordern prorussische Separatisten eine Abspaltung von der Ukraine. Nach vorübergehender Ruhe von Februar bis Juli dieses Jahres flackerten die Kämpfe im August wieder auf. Die politischen Vereinbarungen aus dem zweiten Waffenstillstandsabkommen von Minsk sind weit weg von einer Realisierung. Der Konflikt in der Ostukraine wird noch einige Zeit andauern.

Die griechische Finanzkrise ist eine seit Jahren latente und ungelöste Krise des Staatshaushalts und der Volkswirtschaft Griechenlands. Unter den 28 EU-Ländern gehört Griechenland eher zu den kleinen Mitgliedern. Trotzdem brachte die Krise die EU in Bedrängnis. Die seit diesem Sommer anschwellenden Flüchtlingsströme zeigen eindrücklich, dass die Welt auseinanderdriftet und auch eine Organisation wie die Europäische Union die Herausforderungen zumindest kurzfristig nicht zu bewältigen vermag. Österreich, Deutschland und weitere EU-Staaten im Osten machen ihre Grenzen dicht. In kurzer Zeit wird Selbstverständliches wie offene Grenzen zur Ausnahme.

In der Schweiz sind wir von solchen Entwicklungen bislang verschont geblieben. Wir haben glücklicherweise keine grundlegenden, existentiellen Probleme. Doch viele ärgern sich über die Politik und die Fehler der Politikerinnen und Politiker, teils zu Recht, teils aber auch zu Unrecht. Egal ob in Winterthur, in Zürich oder in Bundesbern, politische Positionen oder Vorlagen werden aus Natur der Sache in Frage gestellt. Das ist auch gut so und soll auch so bleiben. Doch verglichen mit den Entwicklungen in Europa relativieren sich unsere Probleme.

Dass wir basisdemokratisch zu allem Position beziehen dürfen, ist wertvoll und schützenswert. Doch unser System hat seinen Preis und der heisst Engagement. Wir dürfen und müssen uns engagieren und nicht nur über «die da oben» schimpfen: egal ob im Winterthurer Stadthaus beziehungsweise jetzt im Superblock, im Zürcher Rathaus an der Limmat oder im Bundeshaus in Bern. Wir sollten uns wieder bewusst werden, was wir haben, und das, was wir haben, nicht umsonst haben.

In diesen Tagen verteilt die Stadt die Wahlcouverts mit 35 Listen für den Nationalrat und einem Wahlzettel für den Ständerat. Die Winterthurer Parteien haben sich einmal mehr darauf geeinigt, die Wahlinformationen gemeinsam an die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zu verschicken. Einfacher und bequemer geht es nicht mehr. Dieser Fullservice verpflichtet gerade dazu, an die Urnen zu gehen und die Stimme für die Nationalrats- und Ständeratswahlen abzugeben. Ein Luxusgut können in der Regel nicht alle konsumieren, sonst wäre es kein Luxusgut. Die Ausnahme ist Wählen und Abstimmen. Im Kontext der internationalen Entwicklung ist es ein Luxusgut.

 


Dieter Kläy,
22.9.2015, 114. Jahrgang, Nr. 265.

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