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«Wandzeitung» vom 28.9.2015:

Doppelmandat: Bei Bedenken stehen bleiben oder Chance packen?

Yes we can! Yes we must! Yes we do!

Eins ist klar: Es kommt nicht alle Tage vor, dass eine Kantonalpartei eine Stadträtin auf einen aussichtsreichen Listenplatz setzt für eine nationale Wahl. Doch dies ist jetzt geschehen! Die FDP hat mich, eine amtierende Winterthurer Stadträtin, auf Platz Nummer 7 gesetzt. Eine Wahl ist nicht garantiert – aber auch nicht ausgeschlossen. Und nun können wir diese Chance packen – oder auch nicht. Wenn wir die Chance packen, kann eine gewählte, aktive Stadträtin mitreden bei den Entscheiden bei «denen oben in Bern». Sie kann ihnen sagen, was ihre Entscheide «hier unten, bei uns, beim Volk, in den Städten» bedeuten. Aus Erfahrung. Mit hoher Glaubwürdigkeit. Wenn wir die Chance nicht packen, geht’s weiter wie bisher.

Städte werden weiterhin doppelt bestraft. Denn Städte wie Winterthur sind erstens von allen Entscheiden besonders betroffen, weil hier besonders viele Menschen, vier von fünf, leben. Damit treffen sie Fehlentscheide «von oben» besonders hart. Städte baden sie aus. Noch schlimmer wird’s zweitens, wenn «die da oben» auch noch «irgendwas entscheiden», was wir «da unten» bezahlen sollen. Und das kommt häufig vor – leider je länger je mehr!

Das liberale, föderalistische Erfolgsmodell Schweiz wird je länger je mehr «auf den Kopf gestellt». «Wer zahlt, befiehlt», heisst es in der Bundesverfassung, Artikel 43/3. Die Realität sieht aber anders aus: Die Höhe der Sozialleistungen bestimmen «die oben», beim Kanton, bezahlen tun wir «hier unten», in den Gemeinden. Das Kostenwachstum im Pflegebereich sollen die Gemeinden übernehmen, so haben «die oben», der Bund und Kanton, bestimmt.

All diese Fehlentscheide berappen nun die Städte. Dies vor dem Hintergrund, dass die Sozialausgaben sowieso schon explodieren. Beim Bund wie in Winterthur haben sie sich in den letzten 25 Jahren verdreifacht. Bezahlen können wir das nur mit Mehreinnahmen. Oder andere Bereiche sparen. Falls wir die Kostentreiber nicht in den Griff kriegen.

Was das heisst, wissen wir hier in Winterthur leider nur allzu gut. Wir verzichten auf kulturelle Angebote, auf Umweltschutz, auf Sicherheit. Dieses Wissen soll in Bern einfliessen! Die, dort oben in Bern sollen wissen, was es heisst, wenn oben befiehlt, was wir unten bezahlen. Wenn Kostentreiber weiter ungebremst wachsen. Ungefilterte Städter-Realität.

Das Milizmandat Nationalrat ist so gedacht: «Dort oben in Bern» sollen Menschen mitreden, die «Erfahrung von unten», aus den Städten, aus dem Beruf, aus ihrem Alltag einbringen. Deshalb ist nur viermal im Jahr drei Wochen Session, jeweils an sechs Halbtagen. Das ist Teil des liberalen föderalistischen Erfolgsmodells. Dass Leute «von unten» denen da oben sagen, was ihre Entscheide hier bei uns unten, «dem gemeinen Volk», wirklich bewirken! Will Winterthur mitentscheiden – oder nicht? It’s up to you!

 


Barbara Günthard-Maier,
28.9.2015, 114. Jahrgang, Nr. 271.

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Standpunkte:

9.10.2015, 20:57 Uhr.

Haymo Empl schrieb:

Barbara Günthard-Maier macht es sich zu einfach, wenn sie schreibt: «Viermal im Jahr drei Wochen Session, jeweils an sechs Halbtagen», um damit zu begründen, dass ein Doppelmandat National-Stadträtin unter einen Hut zu bringen sei. Die Entscheide werden in den Kommissionen gefällt, in harter, langwieriger Arbeit. Die Verhandlungen im Plenum sind nur noch das Theater fürs Publikum. Seriöse, erfolgsbringende Arbeit im Nationalrat ist nicht in wenigen Tagen pro Jahr möglich. Eine andere Frage: Wenn der Stadtrat auf fünf Mitglieder reduziert wird, lastet noch mehr Arbeit auf den fünf Schultern. Wie soll das gehen?


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