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«Wandzeitung» vom 22.12.2015:

Zweiter Tunnel durch den Gotthard:

Stopp der Alpenverschmutzung.

Die Entscheidung von National- und Ständerat, durch den Gotthard einen zweiten Tunnel für Lastwagen und Autos zu bauen, hat in der schweizerischen Bevölkerung erheblichen Widerstand hervorgerufen. Die Medien reagierten kritisch auf dieses neue, gigantische und Milliarden schwere Bauwerk durch die Alpen. Die Alpen sind durch die Verfassung geschützt und trotzdem werden riesige Skiarenen wie zum Beispiel in Andermatt realisiert. Zum Glück haben die Umweltverbände Unterschriften für ein Referendum gesammelt, das letzten Herbst zu Stande kam und verlangt, dass der Bau und die Finanzierung der geplanten zweiten Röhre dem Souverän unterbreitet werden muss.

Gibt es eine Alternative zum zweiten Tunnel? In rund einem Jahr wird der längste und teuerste Eisenbahntunnel der Welt am Gotthard eröffnet. Die Transportkapazität auf der Schiene wird massiv erhöht und beschleunigt. Der Schienentransport für Autos und Lastwagen mit einem automatisierten Verladesystem ist theoretisch in greifbarer Nähe, weil die alte Gotthardbahnstrecke nur noch für den lokalen Eisenbahnverkehr benötigt wird und aus diesem Grund sehr viel Bahnkapazität frei wird. Was fehlt, ist nicht ein zweiten Autotunnel, sondern moderne, niveaufreie, automatisierte Verladestationen für den motorisierten Verkehr in Erstfeld und Biascca, die in rund fünf Minuten einen Zug verladen können. Stadler Rail kann die notwendigen Autozüge entwerfen und bauen. Investoren würden sicher gefunden, die sich an einem automatischen Schienentransportsystem durch den Gotthard beteiligen. Der Lärm- und Abgaspegel im Kanton Uri und Tessin lässt sich auf diese Weise markant reduzieren und die Staus am Gotthard wären nur noch in meteorologischen Extremsituationen zu registrieren.

Der Bundeshaushalt ist in den nächsten Jahren bereits überlastet und Kürzungen sind unausweichlich. Die globale Wirtschaftsentwicklung ist unberechenbar geworden und, ob die Exporte (Industriegüter, Dienstleistungen in die Welt) so bleiben ist fraglich. Das kann auch negative Rückwirkungen auf die Bundeskasse haben. Niemand weiss, wie die Steuereinnahmen sein werden, wenn die Detailplanung verbunden mit markanten Kosten für die geplante zweite Tunnelröhre am Gotthard beginnt. Nicht nur die Alpen sind vor noch mehr motorisiertem Verkehr mit seinen Lärm- und Abgasimmissionen zu schützen. Die Bundesfinanzen sind unbedingt vor nicht absolut notwendigen Ausgaben zu befreien. Bundesrätin Leuthard, unter anderem verantwortlich für den Verkehr, wird gebeten nochmals über ihre Bücher zu gehen. Ein Rückzug der Vorlage wäre eine mutige Tat – Einsicht zeugt von Denkvermögen und Charakterstärke. Die unter grössten finanziellen und menschlichen Opfern (Arbeiter) gebaute alte Gotthardbahn mit ihren eindrücklichen Kehrtunnels, in einer traumhaften Landschaft könnte weiterhin ausgelastet werden und würde nicht zu einem Denkmal mit grossen Unterhaltskosten für die SBB herabgestuft. Die längerfristige Finanzplanung der Bundesbahnen sieht nicht vielversprechend aus. Effizienz ist bei diesem gemischtwirtschaftlich organisierten Betrieb ein Gebot der Stunde und vor allem der Zukunft.


Pierre-François Bocion,
22.12.2015, 114. Jahrgang, Nr. 356.

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