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«Wandzeitung» vom 21.8.2015:

Wer gut über den russischen Präsidenten spricht, ist ein Putin-Versteher:

Mögen Schweizer den kalten Krieg?

Wer sich im öffentlichen Raum der Schweiz mündlich oder schriftlich positiv zum Präsidenten Russlands äussert, wird umgehend als Putin-Versteher beschimpft, und als Kompliment ist diese Zuspitzung gewiss nicht gedacht. Die EU unterstützt diese gefährliche Entwicklung mit dem Rauswurf des grössten Landes der Welt aus dem edlen Kreis der G8. Derzeit gibt’s also sieben «Weltregierungs»-Mitglieder: Angela Merkel als Vertreterin Deutschlands, François Hollande für Frankreich, Matteo Renzi aus Italien, Shinzö Abe von Japan, Stephen Harper seitens Kanada, David Cameron zugunsten des Vereinigten Königreichs und der verblichene Hoffnungsträger Barack Obama zum Nutzen der Vereinigten Staaten.

Die Gruppe der Sieben ist ein informeller Zusammenschluss, der zum Gründungszeitpunkt bedeutendsten Industrienationen der Welt, die sich regelmässig an Gipfeltreffen der Staatschefs treffen. Die Bevölkerung der G7-Staaten, mit dem Anteil von etwa 10,5 Prozent an der Weltbevölkerung, erwirtschaftet 44 Prozent des weltweiten Bruttonationaleinkommens und verursacht beschämenderweise rund einen Viertel der globalen Treibhausgasemissionen. Diese Siebnerschar wurde 1975 gegründet und 1998 durch die Aufnahme Russlands zur G8 erweitert. Im März 2014 indes schlossen die einäugigen Sieben – gemäss westlicher Argumentation – den Partner Russland aufgrund der Annexion der Krim aus. Doch ich erlaube mir die Frage, ob man von einer Einverleibung sprechen darf, wenn sich Krims Bevölkerung in einer Volksabstimmung mit grossem Mehr für den Wiederanschluss an Russland entschieden hat?

Jetzt ist die politische Welt in Schieflage, weil der grösste Player aus dem Verbund geworfen wurde, statt dass er in stetem Austausch auf Augenhöhe im Kreis der Grossen integriert wäre. Wladimir Putin äussert sich gegenüber dem «Corriere della Sera» sehr deutlich: «Wir haben immer sehr ernste Absichten gehabt. Doch heute habe ich den Eindruck, dass Europa mit uns ein rein materialistisches Verhältnis aufzubauen versucht, und das einzig zu seinem Nutzen.» Er denkt, dass es im Südosten der Ukraine keine Tragödie mit so vielen Opfern hätte geben dürfen. Im Beisein und unter Mitverantwortung Russlands wäre gewiss ein Abkommen zwischen der EU und der Ukraine zustande gekommen. Verständlich ist auch, dass sich Russland von den Vereinigten Staaten bedroht fühlt, weil die an der Küste Norwegens fort und fort amerikanische U-Boote stationieren, deren Raketen Moskau in 17 Minuten erreichen. Im erwähnten Interview betont Putin auch, dass sich niemand vor seinem Land zu fürchten brauche. Die Welt habe sich derart verändert, dass sich kein vernünftiger Mensch mehr einen militärischen Konflikt vorstellen könne.

Zwar belächeln unsere Landsleute Putin-Versteher allemal spöttisch, doch es ist die absolute Stärke der neutralen Schweiz, in Phasen einer bedrohlichen Weltpolitik, mit ihren bundesrätlichen Mitgliedern im Aussenressort – derzeit Didier Burkhalter – diplomatisch auf die «grossen» Sieben einzuwirken. Die Führung des absolut isolierten Russlands soll sich auch unbedingt international getragen fühlen. Dieser Gedanke muss selbst in den Schweizer Sturschädeln mental wachsen. Aber voll!


Guido Blumer,
21.8.2015, 114. Jahrgang, Nr. 233.

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