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«Wandzeitung» vom 7.8.2016:

Winterthurer Frauen wie Männer aus unserer Eulachstadt fühlen sich wohl kaum je als Zürcher:

Plädoyer für Winterthurgau.

Schön ist es auf der Welt zu sein, vor allem dann, wenn der Mensch, also eine oder einer der etwa 111 000 Anwohnerinnen und Bewohner in Winterthur lebt. In der Ausgabe des «Landboten» vom vergangenen 26. Mai hat dessen Redaktion entzückenderweise die Seelenregung der Winterthurerinnen und Eulachstädter in Bezug zu unserer kleinen Grossstadt aufgespürt, den Puls der Hiesigen gefühlt, und den für sehr gut befunden. 97 Prozent der Ansässigen fühlen sich nämlich «eher wohl» bis «sehr wohl» Wir sind Lokalpatrioten, würden uns kaum je als Zürcher bezeichnen, wir sind Winterthurerinnen. Die männliche Form ist mit gemeint. Und ja, mir drückt’s die Schamröte ins Gesicht: Wir haben hierorts halt doch sechs Prozent kalte Gestalten, die sich am ehesten als Zürcher fühlen. Das geht doch eigentlich gar nicht!

Ja, uns sind die Thurgauer viel näher: Am donnerstäglichen Abendverkauf wie dem Postitag Samstag hört man im Schluuch zumindest gleich oft den kernigen Thurgauer Dialekt wie die vielleicht etwas sanftmütigere Mundart von uns Altstädtlern und Quartierlerinnen am Ort. Wir Ansässigen fühlen uns durch die seelenverwandten Mostinder und Bodenseeanstösserinnen keineswegs bedroht, im Gegenteil: Die freundlichen Gäste aus den Riesling-Silvaner-Auen und Feldern im Osten sind bei uns hoch willkommen. Sie sind schlicht unsere Freunde von nebenan, mit gelassenem Naturell und cleverem Einschlag. Zumal sie für uns freundlicherweise auch ein wirtschaftlicher Faktor sind: Sie geben unsere gemeinsame Währung in vielen Läden und Beizen aus und verlassen ihren Ausflugsort mit vollen Tragtaschen wie vollgestopften Mägen. Ein herzliches Dankeschön ist hier angebracht, wie auch ein inniges auf Wiedersehen oder wie wir originellen Lokalpatrioten sagen: «Uf Wiedergrüezi.»

Politgeograf Michael Hermann geht davon aus, dass bei uns der Lokalpatriotismus besonders stark blüht, die lokale Identität tatsächlich sehr stark ist, weil in unseren Gefilden Ressentiments gegenüber der Zürischnurre tatsächlich existieren. Und ja, wir sind auch noch stolz darauf! Immerhin sind wir einwohnermässig die sechstgrösste Stadt in der Schweiz – und laut unserer Tageszeitung am Garnmarkt – bezüglich Lebensqualität an dritter Stelle, flächenmässig an zweiter und bei der Zufriedenheit unserer Frauen vor Ort voll an erster. Hermann erkürt Winterthur zum Zentrum der Nordostschweiz und denkt sogar einen eigenständigen Kanton an, der – wie ich meine – durchaus Winterthurgau benamst werden dürfte. Er stellt fest, dass sich Winterthur schon seit geraumer Zeit zur besten Alternative für all jene Ostschweizer und Zürihegel gemausert hat, welche sich die Limmatstadt schlicht nicht leisten können oder wollen.

Negative Fakten – beziehungsweise schlechte Nachrichten – erkennt der Politwissenschafter hierorts allerdings bei der Öffentlichen Geborgenheit in unserer «sichersten Stadt der Schweiz». Und es bestehe zudem auch Handlungsspielraum bei unseren knappen Finanzen. Dies sei eine grosse öffentliche Aufgabe. Und tatsächlich bewerten 60 Prozent der Winterthurer Bevölkerung die knappe Geldmenge als besonders belastend. In Zürich jammern bei absolut vergleichbarer Finanzsituation nur 7 Prozent Ortsansässige, was Hermann als Klagen auf sehr hohem Niveau bezeichnet.


Guido Blumer,
7.8.2016, 115. Jahrgang, Nr. 220.

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