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«Wandzeitung» vom 3.7.2016:

Outfit:

L´habit ne fait pas le moine ...

Non? Mais si! Kleider machen Leute, oder? Und die Franzosen sagen mit ihrem Sprichwort das Gegenteil? Das Kleid macht nicht den Mönch? Und wir mit «mehr Sein als Schein». Was soll man da glauben? Macht mein Outfit etwas aus? Kommt es drauf an, wie ich mich äusserlich gebe? Ist das ein nach Aussenkehren des Innern? Spiegle ich meine Ansichten und meinen Charakter durch mein äussere Erscheinung?

Eine Sondernummer von «Fokus Schule», dem Mitteilungsblatt der SekZH, geht dem nach, unter dem Titel «Lehrpersonen mit Stil». Da kann man unter anderem lesen, wie der designierte Präsident dieses Vereins sich kleiden wird, oder auch welche Tasche für Lehrpersonen passt – inklusive Migros-Sack. Und auf der letzten Umschlagseite karikiert der Winterthurer Zeichner und Lehrer Christoph Stückelberger die Lehrermode mit «Nächste Saison trägt man Montessori!»

Mein persönliches Outfit ist – bis auf die Schuhe vielleicht – eher klassisch, das heisst langweilig. Hemd, Hose (in letzter Zeit hie und da Jeans ...) und Veston, nach Bedarf auch Krawatte. Man sagt dem «korrekt», es geht fürs Konzert, die Oper, für die Arbeit. In Schulen bin ich damit Aussenseiter gewesen: Ich war in praktisch allen Schulhäusern der einzige, der mit Veston kam; und als ich für eine anschliessende Sitzung gar eine Krawatte trug, musste ich mir anhören, das sei in Bankergalgen. Also weg damit!

Aber ich bin nicht der Leibchen-Typ, Bermudas stehen mir auch nicht. Und im Veston haben alle meine Abos, Ausweise, Münzen, Schlüssel etc. Platz, ich finde das nicht nur schön, sondern auch praktisch.

Einmal habe ich versucht, herauszufinden, was es ausmacht, wenn ich mal «freizeitig» einen Vortrag halte: Für den ersten Teil kam ich mit T-Shirt mit ausgeleierter Halszone und mit ausgebeulten Jeans, (also etwa so, wie viele meiner Kollegen Schule geben) für den zweiten Teil dann in Schale. Das war wie Tag und Nacht. Das Publikum habe ich dann befragt, warum das etwas ausmache. Ganz klar war: Der zweite Auftritt wirke «seriöser».

Die Redaktorin von «Fokus», Anna Durmaz aus Winterthur, bringt es auf den Punkt: «Es ist wichtig, wie wir vor der Klasse gekleidet sind. Lehrpersonen werden angeschaut, ob wir dies wollen oder nicht. Ich wirke kompetenter, wenn ich mich gut angezogen fühle.» Wie sie dazu kommt und was diese Erkenntnis ausgelöst hat, war ein Besuch im Kosovo. Im Rahmen einer Weiterbildung haben Schweizer Lehrpersonen im Kosovo eine Stadt besucht, die etwa so gross ist wie Winterthur. Sie haben dort zweimal gestaunt: das erste Mal wegen der Klassengrösse: 50 Schülerinnen und Schüler gelten dort als normale Klasse. Das zweite Mal wegen des Stils der Lehrerinnen und Lehrer: alle Männer in Anzug und zum Teil mit Krawatte, die Damen in Deux-Pieces oder Blazer mit eleganter Hose. Die Schweizer Dame in alten Jeans und T-Shirt ...

Immerhin hat der Besuch Folgen gehabt, wenigstens für die Redaktorin: Sie trägt seither im Unterricht nie mehr Jeans. Lehrpersonen im Kosovo verdienen pro Monat 150 Euro. Bei uns 60mal mehr. Man(n) könnte also, wenn man möchte, sich anders anziehen. – Die eben erschienene Fokus-Stilnummer wird nicht viel ändern. Leider.


André Bernhard,
3.7.2016, 115. Jahrgang, Nr. 185.

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Standpunkte:

21.7.2016, 21:28 Uhr.

Anna-Helena Iennaco Sarasvati Shakti schrieb:

Ja, Kleider machen Leute. Bin ich ganz der Meinung. Interessant finde ich den Hinweis des Sprichwortes «L´habit ne fait pas le moine ...» Ich habe mit schon so vielen Mönchen zu tun gehabt und ja – es macht etwas aus, ob jemand eine Mönchsrobe an hat oder nicht. Genauso können Worte wie Roben wirken. Man sagt etwas Schönes und fühlt, tut und denkt aber gerade das Gegenteil. Leider auch unter Geistlichen erlebt. Ich ende mit: Lieber Wein predigen und dann auch klaren und reinen Wein einschenken – manchmal darf es dann auch etwas Wasser sein – oder einfach einen Gespritzen servieren? Savoir vivre ... Imperia zu Konstanz lässt grüssen.


4.7.2016, 11:32 Uhr.

Herbert Danzer schrieb:

«Der allergrösste Tor ist der, der die Menschen nach dem Gewand beurteilt», schrieb einst Seneca (ep.mor. 47). Aber heutzutage ist man gegenteiliger Ansicht. Kompetenz ist nicht auf den ersten Blick erkennbar, «ein gutes Erscheinungsbild» hingegen sehr wohl, und so werden unattraktive Bewerber schon beim Einstellungsprozess ausgesiebt und penible Bekleidungsvorschriften zur Förderung des Unternehmensimages erlassen.
Am wichtigsten ist freilich nicht die Kleidung für den Karriereerfolg, sondern, zumindest bei Männern – bei Frauen scheint es laut Studien der Bodymassindex zu sein – die Körpergrösse. Wissenschaftliche Untersuchungen legen nahe, dass Erfolg und Körpergrösse korrelieren. Grosse Männer werden also eher befördert und bringen mehr Geld nach Hause. Prof. Bergler von der Uni Bonn führt diesen Umstand auf steinzeitliche Denkmuster zurück. Ein Ratschlag also für angehende Lehrer: Bei zu geringer Körpergrösse diesen Beruf meiden! «Short people got no reason to live», wie schon Randy Newman sang. Da hilft auch kein Veston und keine Krawatte.


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