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«Wandzeitung» vom 20.8.2016:

Wo ist das Gewaltmonopol so klar an den Staat delegiert?

Wissen wir, wie gut es uns geht?

Stadtwerk-Mitarbeitende bauen Wasserleitungen für uns; Sanitäter/-innen vom Rettungsdienst bringen uns ins Spital, wenn ein Unfall passiert ist; Polizist/-innen sind sofort vor Ort, wenn irgendwo ein Handgemenge losgeht.

Mit allen drei Berufsgruppen hatte ich in den letzten paar Wochen aus beruflichen Gründen direkten Kontakt, und bei allen Begegnungen, mitten in einem übervollen Stadträtinnen-Tag voller Sorgen und voller grosser Probleme, hat sich sanft die Frage, ja die Erkenntnis in mein Bewusstsein eingeschlichen: Hey! Bin ich mir eigentlich bewusst, wie gut es mir geht? Du bewegst Dich in einem Umfeld, in einem Land, in einer Stadt, in dem alles funktioniert! Bist Du Dir bewusst, dass das nicht selbstverständlich ist?

Ja, das Verlegen von Wasserleitungen führt zu Baustellen, und diese wiederum sind nicht besonders angenehm, wenn ich mich zu Fuss, per Fahrrad, im Auto oder Bus darum herum drücken muss. Aber hallo? Es gibt keine Neuerungen, keine schönen, neuen, grossen Plätze rund um den Bahnhof beispielsweise, ohne Baustelle! Es gibt kein fliessend Wasser im Haushalt, wenn kaputte Leitungen nicht ersetzt werden.

Ja, die Sirenen des Rettungswagens mögen einen nerven, und ja, ein gesundheitlicher Zwischenfall ist und bleibt unangenehm. Aber wo, wo auf dieser Welt wird man in so kurzer Zeit von solchen Profis abgeholt, wo trifft man auf diese Menschlichkeit, auf dieses hohe fachliche Niveau und auf fast schon unbegrenzte medizinische Möglichkeiten?

Und ja, ein/-e Polizist/-in in Uniform macht einem Eindruck. Und natürlich ist es nicht gerade das wünschenswerteste, wenn er/sie einen eine Busse in die Hand drückt, oder eben gerade nicht zugegen ist, wenn ein Fahrradfahrer auf Kosten aller andern Verkehrsteilnehmer locker pfeifend in falscher Richtung die schmale Einbahnstrasse neben der Baustelle hoch radelt. Und dennoch: Wo ist das Gewaltmonopol so klar an den Staat delegiert, an eine vertrauenswürdige Polizei, die uns die meist unangenehme Arbeit abnimmt, dafür zu sorgen, dass sich alle gleichermassen an ein paar einfache Verhaltensregeln halten, damit unser Zusammenleben gut gelingen kann?

Wenn ich an Syrien denke, wo Wasser fehlt, an von mir bereiste afrikanische Länder, in denen auch die einfachste medizinische Versorgung fehlt, oder an die aktuelle Ereignisse in der Türkei, bei denen man nicht weiss, wer nun in rechter Weise das staatliche Gewaltmonopol vertritt … ja, dann erfasst mich Mitleid mit allen Betroffenen. Menschen wie Du und ich. Und, es drängt sich eine tiefe Dankbarkeit auf für all das, wofür wir hier, beispielsweise in Winterthur, vor lauter Selbstverständlichkeit schon gar nicht mehr danken.

 

 


Barbara Günthard-Maier,
20.8.2016, 115. Jahrgang, Nr. 233.

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