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«Wandzeitung» vom 10.9.2016:

Die Frau sollte das Sagen haben:

Verbieten verboten.

Seit einigen Wochen ist die Diskussion, ob Burkas verboten werden sollen, neu entflammt. Ein Sicherheitsdirektor gibt seinen Senf dazu, der höchste Repräsentant der protestantischen Kirche will sie ebenfalls verbieten und laut einer «Tages-Anzeiger»-Umfrage sprechen sich drei Viertel der Schweizer für ein Burka Verbot.

Wenn man auf Social Media die Kommentare dazu liest, dann schreiben die Burka-Gegner folgendes: «Ich fühle mich im eigenen Land fremd» oder «Wenn es so weiter geht, werden wir in 30 Jahren alle eine Burka tragen und Hunde essen.» Nicht erfundene Beispiele, tatsächlich gelesene. Was der Hund in der Diskussion verloren hat, bleibt mir rätselhaft. Die Kommentare interpretiere ich so, dass es gar nicht um die Burka per se geht, sondern was sie repräsentiert, den Islam. Am liebsten wäre es den Kommentatoren, Sicherheitsdirektoren und Geistlichen, dass der Islam unserer Kultur und unserem Alltag fernbleibt. Gut, der ganz gemässigte, derjenige ohne Bart, ohne Minarette (da haben wir Schweizer glücklicherweise schon vorgesorgt), den würden wir vielleicht noch akzeptieren. Der mit Burkas lieber nicht.

Eigentlich geht es um eine religiöse Diskussion, doch die Burkas-Gegner, Sicherheitsdirektoren und höchsten Protestanten verneinen. Nein, es gehe darum, dass man das Gesicht sehen wolle, und die Hände, weil dies wichtig für die nonverbale Kommunikation sei. Das stimmt. Darum wäre es ehrlicher, wenn man für ein Vermummungsverbot plädieren würde. Fasnacht selbstredend ausgenommen, fügt Gottfried Locher, Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds im «Tages-Anzeiger»-Interview vom 29. August 2016 hinzu. Lächerlich.

Seien Sie ehrlich: Wie viele Frauen im Burka haben Sie in der Schweiz schon gesichtet? Ich 2. Bestimmt nicht mehr. Frauen die einen Hidschab tragen oder einen Chimar schon mehr. Gelegentlich Frauen im Tschador und kaum angetroffen solche im Niqab. Kennen Sie sich aus mit den verschiedenen Kopfbedeckungen? Ich bis vor kurzem nicht, darum habe ich mich informiert. Ich empfehle es jedem. Denn dann werden Sie schnell merken, wie sinnlos die Burka-Diskussion ist. Denn Burkas, die extremste Form der Verschleierung, in der ein Gitterfenster die Augenpartei frei lässt und nur das Sehen nach vorne ermöglicht,

werden bei uns äusserst selten getragen. Und glauben Sie ja nicht, dass Frauen die eine Burka tragen im Falle eines Verbots auf einen Niqab oder Tschador umsteigen könnten. Ihre Männer würden ihnen das verbieten, wahrscheinlich. Interessanterweise sind es Männer, die verbieten und über ein Verbot diskutieren. Frauen werden da weder beim Tragen noch beim Verbieten nach ihrer Meinung gefragt. Und im Kern der Diskussion sollten sie das Sagen haben, denn es geht um ihren Körper und ihren Willen.

 

 


Oriana Ziegler-Somarriba,
10.9.2016, 115. Jahrgang, Nr. 254.

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Standpunkte:

16.9.2016, 23:14 Uhr.

Sabina Kessler schrieb:

Wenn jemand unwahre und falsche Argumente bringt, kann davon ausgegangen werden, dass andere Interessen verteidigt werden, als vorgegeben. Ein unwahres Argument ist, «dass Männer über ein Burkaverbot diskutieren.» Die Aussage steht so da, als würden vor allem oder nur Männer darüber diskutieren. Das ist nicht wahr, es fordern auch sehr viele Frauen ein Burkaverbot. Nicht nur Frauenrechtlerinnen, sondern auch muslimische Frauen, die in den muslimischen gesellschaften für Selbstbestimmung für Frauen kämpfen. Ein falsches Argument ist als Begründung, dass es in der Schweiz nur wenige Burkaträgerinnen gäbe. Ein Unrecht ist nicht tolerierbar, nur weil es nicht oft vorkommt. Nur weil es nicht oft vorkommt, dass eine Frau ihre Kinder mit dem Erreichen des 5. Lebensjahrs vergiftet, muss man das nicht tolerieren. Solange Mädchen und Frauen zur Verschleierung irgend einer Art gezwungen werden, ist diese abzulehnen und zu verbieten. Was sind dann ihre anderen Interessen? Das könnte zweierlei sein.
1: Sie wissen, dass auch Rassisten und Muslimhasser ein Burkaverbot wollen und sind drum dagegen, da Sie diesen ja nicht in die Hände spielen wollen. Dies würde bedeuten, dass Sie Ihre eigene Meinung völlig von der Meinung von Rassisten abhängig machen. Würden die Rassisten sagen, dass die Erde eine Kugel ist, müssten Sie sagen, dass die Erde eine Scheibe ist.
2: Sie sind eine Person einer sozial schwächeren Gruppe. Niemand gehört in der Gesellschaft gerne zu der Gruppe sozial schwächer gestellter Menschen. Solche Menschen neigen dazu als Fürsprecher für Menschen die sozial noch schlechter gestellt sind, aufzutreten. Damit stellen sie sich unbewusst über diese, was ihr (zu Recht) schlechtes Selbstwertgefühl stärkt, weil sie ja dank «denen da unten» selbst nicht ganz unten sind. Als Gutmensch und Fürsprecher für die Muslime möchten sie natürlich nicht, dass Muslime wie wir werden und auf gleicher Augenhöhe mit uns sind. Sie möchten Muslime «dort unten» behalten und sind drum gegen jede Forderung, dass Musilme sich von archaischen Bräuchen verabschieden. Auch das ist eine Form von Rassismus!


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