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«Wandzeitung» vom 18.4.2016:

Alltägliches:

Auf Nadeln.

Mein grösster Wunsch ist, dass ich, wenn dieser Text veröffentlicht wird, wieder in der Arbeitswelt eingegliedert bin. Immer noch mit meinen konfusen Schmerzen bin ich zu Hause. Nachdem mir der Orthopäde gesagt hatte, dass wohl alle über 40 als Verschleiss-Erscheinung kleine Bandscheibenvorfälle haben, sind Monate vergangen. Wie ich befürchtet hatte, waren die krassen Sporteinheiten im Wechsel mit Physio zu viel gewesen für mich und eher kontraproduktiv. Der Orthopäde versicherte mir nochmals, dass keine Nerven eingeengt seien und verabschiedete mich damit, dass ich nun rheumatologisch abgeklärt gehöre. Mein Osteopath, den ich zufällig auf der Strasse getroffen hatte, meinte einfühlsam, man müsse nun wirklich mal meine Muskulatur entspannen. Nach wie vor hatte ich nachts dieses Kribbeln von den einen Fingerspitzen bis zu den anderen und tagsüber diese Schmerzen und Kraftlosigkeit in den Händen. Bei der geringsten Anstrengung stichts im Brustwirbelbereich, als ob jemand mit dem Messer drin bohrt.

Im Gespräch mit anderen hörte ich immer wieder von unglaublichen Geschichten. Denn fast niemand hat einen eindeutigen Befund, den man gezielt angehen kann. Die meisten haben die verschiedensten Symptome, denen man mit Hilfe von Fachärzten und dem Internet auf die Spur zu kommen sucht. Selten wird nach der Ursache gesucht, man ist schon froh das Feuer löschen zu können. Meins brennt immer noch. Ein Termin beim nächsten Fachmann zu bekommen, das dauert mehrere Wochen. Eben, weil so viele Menschen auf der Suche sind. Ein Ergebnis soll nicht stigmatisieren, man möchte erlöst werden von der Pein.

Meine Chefs sind so verständnisvoll und geduldig, andere hätten längst den Job verloren! Da sie eine Naturheilpraxis betreiben sind sie es gewohnt, dass chronische Erkrankungen kaum noch auszumerzen sind. Umso mehr wuchs der Druck in mir eine Lösung zu finden und bald an den Arbeitsplatz zurückzukehren. Ich bin nun seit 10 Jahren dort angestellt und wir hätten uns dieses Jubiläum anders vorgestellt. Immerhin hatte ich vorher nicht oft gefehlt.

In der langen «Wartezeit» auf den rheumatologischen Termin wollte und durfte ich nicht untätig sein! Das liebe Internet brachte mich auf die Seite von Herrn Liu, einem Chinesischen Mediziner. Er hat sich auf Rückenprobleme spezialisiert. Beim Kennenlernen fragte er mich: «Haben Sie Depressionen?» Ich schluckte, denn inzwischen, das musste ich zugeben, war meine Moral sehr am Boden. Seit über einem Jahr war ich von Schmerzen geplagt und Schlaflosigkeit war mein ständiger Begleiter. Er untersuchte mich und meinte, alles ist steinhart und verspannt, von der Scheitel bis zur Sohle. Kaputt sei aber nichts. Ich sei komplett übersäuert. Ich müsse an meinen Gefühlen arbeiten und er an meinen Muskeln. Erst wenn alles «soft» sei, könne ich mit Sport wieder aufbauen.

Inzwischen habe ich etliche Sitzungen bei ihm hinter mir. Die Therapie mit den Nadeln ist sehr schmerzhaft für mich. Aber der Kopf ist wieder frei und ich bin voller Hoffnung. Meine Muskeln wollen noch nicht so recht, aber ich spüre kleine Fortschritte. Meinem Termin beim Rheumatologen sehe ich entspannt entgegen.

 

 


Momo Appenzeller,
18.4.2016, 115. Jahrgang, Nr. 109.

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