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«Wandzeitung» vom 6.3.2016:

Abstimmungssonntag, 28. Februar 2016:

Ein Stimmungsbericht.

Am 28. Februar stimmt die Schweiz unter anderem über die Durchsetzungsinitiative ab. Lange hat mich eine Vorlage nicht mehr so beschäftigt! Der Vorabend: Die Anspannung steigt. Die Frage, ob wir wirklich alles gemacht haben, was zu tun war, beschäftigt mich schon den ganzen Tag. Die letzen Aufrufe auf Facebook sind gepostet, die letzten Mails und sms verschickt. In den vergangenen Wochen versuchte ich in unzähligen Gesprächen, Wählerinnen und Wähler davon zu überzeugen, dass eine Annahme der Durchsetzungsinitiative verheerend wäre für unser Land. Nun kommt langsam das Gefühl, dass ich jetzt nichts mehr machen kann. Morgen um diese Zeit werden wir wissen, ob die Schweiz in Zukunft eine Zweiklassen-Justiz hat oder ob sich die vernünftigen Kräfte mal wieder durchsetzen konnten. Beim Abendessen wollen meine Kinder noch einmal wissen, worum es bei der DSI konkret geht. Ich erkläre ihnen den Inhalt der Initiative, sie sind entsetzt.

Sonntag Morgen: Noch sind die Urnen offen. Den Sonntagsbrunch kann ich nicht so entspannt geniessen wie sonst. Ich bin nervös. Ist heute der Tag, an dem die Gewaltentrennung bachab geschickt wird? Wird das Stimmvolk heute die demokratischen Spielregeln, auf die wir doch so stolz sind, ausser Kraft setzen?

Ich gebe zu, ich bin eigentlich an jedem Abstimmungssonntag angespannt. Als Politikerin bin ich immer in irgendeiner Form engagiert für die eine oder andere Vorlage. Der Tag, an dem sich dann herausstellt, ob man gewinnt oder verliert, ist jedes Mal sehr speziell. Heute geht es aber um mehr. Bei der DSI geht es nicht nur darum, die Abstimmung zu gewinnen. Die Stimmung im Vorfeld des heutigen Sonntags war angeheizt wie lange nicht mehr. Die SVP hat sich mit dieser Initiative vollends von Anstand und Verantwortung verabschiedet. Die Vorlage ist ein Verfassung-GAU und formell ein absoluter Pfusch. Ich finde die Nazi-Vergleiche und die Hakenkreuz-Plakate der letzten Wochen nicht gut. Und trotzdem muss es erlaubt sein, die Stimmungsmache der SVP mit der der Nationalsozialisten in den 30er-Jahren zu vergleichen.

Mittag: Die Würfel sind gefallen. Jetzt heisst es abwarten ... Ich gehe in Gedanken nochmals die letzten Wochen durch. Das riesige Engagement von sonst eher unpolitischen Leuten zeigt, wie sehr die DSI aufrüttelt und verunsichert. Der Wunsch ist gross, dass nach dem heutigen Sonntag wieder Ruhe und Normalität zurückkehrt. Bei einem einigermassen deutlichen Nein ist das wohl möglich. Sollten die Schweizerinnen und Schweizer jedoch ja sagen, dann glaube ich nicht, dass Normalität in nächster Zeit möglich sein wird. Dann werden wir uns nämlich daran gewöhnen müssen, dass zwei Millionen ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger zukünftig einer unerträglichen Willkür ausgesetzt sind. Unter solchen Umständen ist ein Courant normal für mich nicht mehr denkbar!

Im Laufe des Nachmittags: Danke, Schweiz, ich bin erleichtert! Auch wenn ich mir bei anderen Vorlagen andere Resultate gewünscht hätte, das Nein zur DSI war das höchste Ziel des heutigen Tages! Die extremistischen Kräfte wurden – zumindest für heute – zurück gebunden.


Christa Meier,
6.3.2016, 115. Jahrgang, Nr. 66.

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