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«Wandzeitung» vom 9.4.2016:

EIN SATZ:

Zzzzzzzzzzzzzzzzz.

Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf. PSALM 127.

Pünktlich zu den ersten wärmeren Tagen bin ich durch eine geradezu köstliche Müdigkeit gesegnet. Faul bin ich ja eigentlich immer, das zeichnet meine ökonomisch-ökologische Persönlichkeit aus, die sich nicht übermässig verausgabt, um nachhaltig zu leben. Doch müde eigentlich erst in letzter Zeit.

Zuerst war da nur ein profanes Grippevirus, das sich Eingang durch die Lücken eines sonst für intakt gehaltenen Immunsystems verschafft hat. Es löste nächtliche Hustenstürme aus, die jedes Blasorchester in der Durchdringungskraft erblassen liessen und zu einem wesentlichen Rückgang der statistischen Dichte der Nachbarschaft in meinem unmittelbaren Wohnumfeld geführt hat.

Mit der tosenden Entschleimung der Bronchien fiel ein göttlicher Vorhang über meine Augen und meine Seele, der mich nichts mehr wahrnehmen lässt. Nach dem Grippe- das Gelassenheitsvirus. Mag eine süsse Alterserscheinung sein.

Kurz in eine Zeitung geblickt: Noch während der ersten dümmlichen Analyse des Tagesgeschehens entschlummere ich sanft. Werbebotschaften lassen mich ohne Verzug einnicken. Ebenso Medienmitteilungen von Ämtern und Behörden. Auch Rechtsschriften von Gegenparteien oder Urteile des Bundesgerichts, welche der PR-Branche in der intellektuellen Gefordertheit in nichts nachstehen, führen schon nach wenigen Zeilen zum Abtauchen ins Reich des Morpheus.

Mails verschieben sich mit unsichtbarer Hand in den Papierkorb. Telefonklingeln ringen ins Leere. Ebenso das Rufzeichen am andern Ende, sollte ich kurz erwacht sein und jemanden anzurufen versucht haben. Sollte man mich unberechtigterweise in die Leitung bekommen, geht es allerdings nicht lange, und mich übermannt der wohlige Schlaf und löst das diskutierte Problem aprupt, wenn auch nicht auf dialektische Weise.

Die Liste vorzeitig beendeter Telefongespräche ist beeindruckend. Läutet es an der Türe, ereilt mich die Narkolepsie bereits während ich die Schlüssel suche, um zu öffnen. Ich habe sie natürlich bereits während des letzten Schlafs nachhaltig verlegt. So sind Detektive der Billag, handgeflochtene Besen, mundgeblasene Postkarten aber auch eine Gerichtsurkunde bereits Opfer meines seeligen Bedürfnisses geworden.

Und wer schläft, sündigt bekanntlich nicht. Möge allen Schlüsselstelleninhabern in Welt-, Lokalpolitik und -wirtschaft meine Entwicklung zuteil werden!

Ich kann nur gähnend hoffen, dass es sich nicht um eine vorübergehende Erscheinung wie etwa die Frühlingsmüdigkeit handelt. Bzw. sie nahtlos in eine Sommerfäule, eine Herbstzeitlose und den Winterschlaf übergehen möge.

Auch die vorliegende Kolumne steht unter dem Einfluss des hoffentlich nie endenden Balsams immerwährender Schläfrigkeit, der sich über meine Seele ergossen hat. Ich habe – Ausnahme, welche die Regel bestätigt – in einem kleinen Wachkoma eine fulminante Pointe erdacht. Und war grad dran sie niederzuschreiben, als

 

 


Adrian Ramsauer,
9.4.2016, 115. Jahrgang, Nr. 100.

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