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«Wandzeitung» vom 9.9.2016:

EIN SATZ:

Wasserfallen.

Wirtschaft ist, wenn die Leute sich wundern, warum sie kein Geld mehr haben. Frei nach TUCHOLSKY.

Keine Bange, ich mokiere mich in der heutigen Ausgabe nicht über die Querelen im ACS. Der Titel ist als Plural zu verstehen. Ich beklage einmal das Ende der heurigen Badesaison und dann schmerzliche Umstände, die zu Komplikationen beim letzten Bad geführt haben. Unweit der kleinen, beinahe grossen Stadt, die wir alle gut kennen, fliesst der Rhein. Obschon in sicherem Abstand vom Rheinfall im Fluss schwimmend, ergab sich bei meinem letzten Bad ein Begriff, der klingt wie das Touristenziel. Es kam so: Sparsamer Kleinbürger, der ich bin, schaue ich immer zuerst bei Grossverteilers. Diese enttäuschten jedoch. Die Gestelle brachen zwar beinahe unter der Last kitschigster, neonfarbiger Badeutensilien, doch das Gesuchte war nicht darunter.

Möglicherweise will man immer gerade das kaufen, was überall ausverkauft, aus der Mode oder aus andern Gründen nicht erhältlich ist. Das nennt sich dann antiyzklisches Konsumverhalten und scheint mich mein Leben lang zu verfolgen. Ich getraue mich kaum, einen Brot-Erwerb zu planen, in der Angst, dass es nirgends auch nur eine trockene Krume zu kaufen gibt.

Ich suchte also einen Kleinverteiler auf. Ich habe in einem solchen regelmässig den Eindruck, dass sich mein Geldbeutel schon beim Ertönen der Türklingel erleichtert und allein die Frage nach dem Kundenwunsch kostenpflichtig ist. War er nicht, wurde sogar erfüllt und bestand in einem angeblich wasserdichten Schwimmbeutel, in dem ich meine Badeutensilien mit mir führen kann, um sie beim Ausstieg aus dem Fluss gleich bei mir zu haben. Der Beutel ist zudem farbig, sodass aus Trunkenheit oder andern Gründen abgelenkte Bootsführer den Schwimmer erblicken und ihm ausweichen könnten, wenn sie denn nur wollten. Dazu schwimmt der angeblich wasserdichte Schwimmbeutel über der Wasseroberfläche mit. Zumindest am Anfang. Mit der Zeit saugte sich meiner voll und diente nach dem Ausstieg aus dem Fluss trefflich dazu, die Überreste der Schlingpflanzen wegzuduschen, in die ich mich verfangen hatte. Man könnte nun dankbar sein, dass man über längere Zeit frei von markerschütternden Klingeltönen und aufdringlichen Werbeanrufen bleibt. Meine Dankbarkeit wurde allerdings davon überschattet, dass der Wasserschaden zu einem Garantieverlust meines iPhones führte. In solch traumatischen Situationen kommt heutzutage glücklicherweise ein Care-Team. Doch Apple-Care konnte nichts für mich tun. Jedenfalls nichts Kostenloses.

Ach ja, ganz unten im Beutel stand kleingedruckt, dass man bei empfindlichen elektronischen Geräten (gibt es auch unempfindliche?) zwei Beutel übereinander stülpen solle, wie ich nachher las. Wahrscheinlich, damit sich beide vollsaugen. Mein Portemonnaie wird um mehrere hundert Franken leichter sein. Aber das war mir die Erfüllung des Kundenwunsches samt fachkundiger Beratung Wert. Und vor allem die Erkenntnis, wie Wirtschaft funktioniert: Demnächst werde ich nämlich einen weiteren Beutel erstehen.

Oder sicherheitshalber gleich zwei. Aller guten Dinge sind ja bekanntlicherweise drei.


Adrian Ramsauer,
9.9.2016, 115. Jahrgang, Nr. 253.

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