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«Wandzeitung» vom 14.2.2016:

Ui, mache ich unbewusst Feng-Shui?

Mein Inneres ordnen. Om.

Als ich mich neulich in der Migros dabei ertappte, wie ich auf einem Regal die Lebensmittel ordnete, fand ich, mein Sinn fürs Aufgeräumte habe nun eine Grenze erreicht. Nicht, dass mich stören würde unentgeltlich auch mal etwas für den Grossisten zu tun, auch die fragenden Blicke anderer Kundinnen waren nicht der Ausschlag für meine Entscheidung solche Taten künftig bleiben zu lassen. Schliesslich folgte ich nur meinem instinktiven Qi zur Harmonisierung der Gegenstände auf dem Regal mit ihrer Umgebung und mir als Kundin und auch mit allen anderen.

Meine Persönlichwahrnehmung hat eben oft einen fliessenden Übergang zur Umwelt und meinen Mitmenschen. Manchmal ist mir nicht ganz bewusst, was ist Ich und was ist Du, so dass mein Liebster mich schon vorsichtig erinnerte: «Mir sind immfall zwei Personen.» Ja eben. Und deshalb kam mir schlagartig und nicht ohne Wehmut in den Sinn, dass ich ja keine Biene bin, nicht wie eben diese zu einem grossen Organ gehöre, wo alle irgendwie zusammenfliessen und funktionieren. Und ein jeder Migros-Regale auf Vordermann bringen kann. Sondern, dass ich ein Ich bin, das scheinbar manchmal etwas durcheinander ist und aufzuräumen hat.

Was tun? Wie räume ich mich selbst auf? Die Antwort bekam ich nur Minuten später im Schaufenster um die Ecke: Fasten-Woche mit Bio-Biotta-Säften! Zum Aktionspreis – genial! Meine letzte gelungene Fastenwoche liegt Jahre zurück, zwischenzeitlich unzählige vorzeitig abgebrochene Versuche mal nicht zu essen. Ja, ich kam kaum mal über den Vorbereitungstag hinaus, dünkte es mich, meine Familie rieche streng nach Hamburger, lecker!

Aber nun war ich bereit für den Vollzug der kompletten Woche. Mit auserlesenen Frucht- und Gemüsesäften, Leinsamen als Ballaststoff, Glaubersalz für die Darmtätigkeit, Kräutertee und Wasser wollte ich meine innere Welt putzen, aufräumen und neu ordnen. Private Termine hatte ich verschoben, mein Sohnemann war in die Snowboardferien verreist, Geschäftliches hatte ich auf ein Minimum beschränkt. So gelang mir die Umsetzung maximal. Ich hielt mich schön genau an den Fastenplan, musste keine Minute hungern, verlor von Tag zu Tag an Umfang, fühlte mich rundum pudelwohl, gesund, harmonisch und frisch. Ich freute mich über die Zeit, die ich meiner inneren Ordnung gewidmet hatte und das eingetretene Glücksgefühl. Okay, es zeigte sich als Kehrseite eine deutliche Blasenschwäche bei einem täglichen Ladevolumen von 3 Liter Flüssigkeit, was ich sonst nie erreiche – aber das ist ein anderes Thema. Item.

Gereinigt, geordnet und zentriert wie ich nun war, hatte ich mich mit Elan wieder meiner Arbeit gewidmet. Die unter anderen Tätigkeiten Einsätze als Hausbetreuerin beinhaltet. So half ich einem Herrn bei der Körperpflege und beim Anziehen und räumte anschliessend das Badezimmer auf. Beim Verabschieden ermahnt mich seine Ehefrau: «Frau Lilian, bitte werfen Sie nicht jedes Kleidungsstück mit einem winzigen Flecken in die Wäsche und überhaupt, wenn Sie bei uns aufräumen, finde ich rein gar nichts mehr.» Ups, Tschuldigung.

 

 


Lilian Setenou,
14.2.2016, 115. Jahrgang, Nr. 45.

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