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«Wandzeitung» vom 14.5.2016:

Hilfeleistung unerwünscht:

Einmischung in die Therapie.

Sie habe ihre liebe Mühe damit, dass ich mich so eigenmächtig in den Therapieplan ihrer Mutter eingemischt habe, ohne die medizinischen Diagnosen derjenigen zu kennen, und die noch schlimmer sei, dass ich die opiathaltigen Schmerzpflaster als Gift bezeichnet hätte gegenüber ihrer beeinflussbaren Mutter, um welche sie sich schon selber gut kümmere. Wumm! Das Telefonat der fremden Dame traf mich wie ein Hammer.

Hatte ich vor zwei Tagen auf Stör-Fusspflege meiner Einsicht nach doch mit bestem Gewissen als diplomierte Pflegefachfrau und als Mensch gehandelt. Der alten Dame ging es nämlich gar nicht gut. Ihr war speiübel, sie erbrach sich und der vereinbarte Arzttermin war erst in zwei Tagen. Sie erzählte mir, dass sie eben mit ihrer Tochter telefoniert habe, welche den Arzttermin vereinbarte. Aber eben erst in zwei Tagen. Sie habe neuerdings Morphiumpflaster gegen Beinschmerzen. Bekannte Nebenwirkungen dieser Pflaster sind unter anderen Übelkeit und Erbrechen. Ich riet ihr, ihren Hausarzt nochmals anzurufen – da sie allem Anschein nach auf die Therapie reagiere – und noch am selben Tag vorbeizugehen. Die verwendeten Pflaster gebe es auch in kleinerer Dosierung, vielleicht müsse die Behandlung angepasst werden. Zusammen mit ihrem Ehemann, beide bei klarem Verstand, beschlossen wir, dass sie noch am selben Tag zum Arzt ging. Ich bot ihr an, das Pflaster bereits zu entfernen, damit sie sich etwas erholen konnte, äusserte aber klar, dass sie den Arzt darüber informieren muss sowie auch ihre Tochter. Ich anerbot mich fürs Einkaufen und Mittagessen zubereiten und versprach, mich abends zu melden, um mich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Abends teilte sie mir dann mit, dass der Arzt mit meiner Entscheidung das Pflaster zu entfernen einverstanden war und dass es ihr sehr schlecht gehe, irgendetwas sei mir ihren Nieren nicht in Ordnung und sie müsse am darauf folgenden Tag erneut zum Arzt zur gründlichen Untersuchung.

Und dann tags drauf erhalte ich das besagte Telefonat der aufgebrachten Tochter, welche mir nur Vorwürfe macht und mir dazu noch die Gift-Aussage andichtete. Ich war empört und erinnerte mich an die Aussage eines Bekannten, der meint, dass wir in einer total überregulierten und absicherungsbedürftigen Gesellschaft leben. Aber dass Einmischung als stummer Vorwurf – «Sie schauen der Mutter nicht recht» – empfunden wird, was hier scheinbar der Fall war, finde ich sehr schade und auch traurig, weil es so vieles nicht zulässt oder gar verhindert. Der betagten Lady habe ich nicht geschadet, ich habe ihr nichts von Gift erzählt, ich habe sie lediglich in einer Notlage beraten und die sehr wahrscheinliche Ursache ihrer akuten Beschwerden entfernt. Aber saperlot! Unerwünscht und eigenmächtig.


Lilian Setenou,
14.5.2016, 115. Jahrgang, Nr. 135.

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