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«Wandzeitung» vom 14.8.2016:

Schöne Erinnerungen an meinen Bruder:

Zum Abschied.

Mein Bruder sagte kurz vor seinem Tod, es tue ihm leid, was er seiner Familie alles angetan habe. Du warst mein bewunderter Bruder, uns verbanden die Freude an Winnetou, Lucky Luke, Bud Spencer und Terence Hill Filmen ,mit gelegentlichen Spaghetti-Nachtessen von Papi. Wir hatten die gleiche Wellenlänge und freuten uns an allen Spielen. Ich erinnere mich, dass wir jeweils Beinschlägereien abhielten. Dazu lagen wir auf den Rücken und «schlägleten» uns mit den Beinen ab. Wir spielten mit den übergrossen Krokodilen Abenteuerlis auf dem Nil. Die Schiffe waren unsere Betten und die Krokodile mussten wir besiegen. Räuber und Poli mit der ganzen Quartier-Clique oder Hüttenbauen und klettern im Wald. Wir holten unsere Verpflegung zu Hause und hatten immer offenes Haus für alle, spielten im Garten oder auf dem Schulhausplatz Basketball. Erinnerst Du Dich an unser Experiment Gireizi: aus der Halterung lösen während klein Lili darauf sass? Ich kann nur sagen, die eiserne Kette hat beim aufschlagen auf meinen Kopf mächtig weh getan. Oder daran, wie ich Dir aus Versehen einen Dartpfeil hinters linke Ohr schoss, der stecken blieb? Du hast den Pfeil rausgezogen und wir spielten weiter. Am Mittagstisch stopften wir Lebertran in die Nasenlöcher schneuzen es aus, weil der sonst nicht mehr aus den Löchern zu kriegen waren. Mami kochte immer fein und sang mit ihrer Gitarre Lieder für uns. Es hatte auch immer Schoggi- und Vanille-Tam-Tam im Kühlschrank. Erinnerst Du Dich an Frau Kaufmann. Sie war bei uns, wenn Mami und Papi zu Susan ins Spital mussten. Mami und Papi erlaubten uns auch einen Goldfisch im Zimmer zu halten. Meiner starb, als ich ihn mit einer Haselnuss (mit Schale!) ernähren wollte. Aber auch Ratten und Hamster und eine Schildkröte hatten wir. Und später dann unsere Hündin A.

Als Du in die Pubertät kamst, hast Du mit Deinen stundenlangen Elvis-Konzerten den Rest der Familie wahnsinnig gemacht. Deine Plattensammlung war immens und Du hattest Dich auch als DJ versucht mit Deinem Mischpult. Und mein schönes Puppenhaus war dahin. Nur Schimpfis hatten wir bekommen. Ich kann nicht mehr sagen, wer von uns Anführer/in war, ich glaube wir hatten einfach die gleichen Flausen im Kopf. In unserem kalten spannenden und unheimlichen Keller haben wir so manches Mal Ausgrabungen vorgenommen im festen Glauben daran Skelette zu entdecken. Auch haben wir im Keller mit Deinem Chemiekasten kleine Explosionen hergezaubert und künstliche Kristalle erzeugt.

Als ich das Zimmer im 1. Stock bewohnte, hatte ich vor dem ins Bett gehen immer Angst, dass etwas unter meinem Bett oder in den Wandschränken versteckt liegt. Du hast mir dann jeden Abend alle Winkel gecheckt, so dass ich sicher sein konnte, dass es keine Aliens gab die nur darauf warteten mich zu verspeisen nachdem sie mich erst brutal gefoltert hätten. Du warst cool, charmant, autonom, anarchistisch, dem Risiko nicht abgeneigt, mit vielen Dummheiten im Kopf und hast mich immer in Deine Clique integriert. Du hattest immer den gewissen Humor mit einer Portion Selbstironie. Sprich, alles was man sich vom grossen Bruder nur wünschen kann!

Dein rücksichtsvoller, witziger, ruhiger, reflektierter Charakter macht es auch einfach, Dich gern zu haben!


Lilian Setenou,
14.8.2016, 115. Jahrgang, Nr. 227.

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