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«Wandzeitung» vom 5.2.2016:

Die Suche nach dem verborgenen Turm:

Der verloren geglaubte Schatz.

Bekanntlich will Winterthur hoch hinaus. Ein anderes Sprichwort wäre: «Schuster, bleib bei deinen Leisten.» Denn eins hat Winterthur vergessen: Seine Klöster. Das sind das Kloster Mariazell am Beerenberg, das Dominikanerinnenkloster Töss und das säkulare Kloster Heiligberg, welches im 13. und 14. Jahrhundert auf der Parzelle eines ehemaligen Schlosses mit Turm erstellt worden war. Genau dieser Turm hat es in sich. Man glaubt ihn verloren zu haben. Er wurde bereits auf ältesten Karten erwähnt und selbst in der Gygerkarte festgehalten. Brisant: Er hiess Winthurm oder Winterthurm und ist entscheidend am Namen unserer Stadt beteiligt.

Die Suche nach dem verlorenen Turm ist nicht neu. Gar in unserem Jahrhundert suchten Neugierige mit Georadargeräten nach dem begehrten Fundus. Sie wähnten ihn im Bühlrainpark, dort wo meine Kinder im «Schutzwald» spielten. Doch nein, da lässt sich dieser Turm nicht finden, auch wenn Pendler ihn dort vermutetet hatten. Wer meint, mit Pendeln allein könne man einen für damals wie heute wichtigsten Energiepunkt Winterthurs ausfindig machen, irrt gewaltig. Ohne Vorstellungswissen von diesem ethisch höchst anspruchsvollen Rutengehen verbrennt sich jeder Pendler an diesen historischen Energien die Finger. Kein bisschen Kopfarbeit kann sich leisten, wer diesen Turm finden will. Nur wer den Input kennt, gelegte Leylinien wahrzunehmen weiss, wo der Turm sich befindet und weshalb die drei genannten Klöster bis heute für die «Leisten» der Stadt Winterthur von grösster Bedeutung sind. Die Klöster wurden im Spätmittelalter und in der Neuzeit geschliffen. Ihre Steine fanden Verwendung in der Altstadt, um Häuser zu bauen oder zu renovieren. Das bekannteste Beispiel ist der Club zur Geduld. Seine Mauern stammen aus dem Gestein des Klosters Mariazell. Heute erinnern uns die Ruinen am Beerenberg schmerzhaft daran. In welche Gemäuer der Altstadt die Steine der anderen Klöster eingebaut wurden, weiss man nicht. Aber eins ist klar: Die verquickten Energien dieser drei Klöster liegen zerstreut in der Stadt.

Nochmals zurück zum Winterthurm. Er wird auch Hochwachtturm genannt. Zweimal wurde er niedergerissen. Erstmals im 13. Jahrhundert, als er ein wunderbares Schloss umzäunte, ein andermal im 17. Jahrhundert, nachdem auch das Stift Heiligberg vollends dem Mob und der Reformation zum Opfer fiel. Bei allen Klöstern hatten die Kyburger und später Zürich und Winterthur das Geld im Spiel. Das Kloster Beerenberg ging in private Hände über. Das Kloster Töss gelang im 19. Jahrhundert in die Hände der Rieter AG. Und dort, wo einst die Stiftskapelle und ihre Mönchsbuden über Winterthur standen, thront nun das Schulhaus Heiligberg.

Ja, wir Winterthurer sind nicht nur mit Habsburg verwoben. Ein wesentlicher Teil der Entwicklung dieser säkularen Stadt geht auf sakrale Mächte zurück. Mit dieser Macht ist nicht zu spielen, weist sie doch auch ihre dunklen Seiten auf. Die Leylinien der Klöster lassen die Stadt Winterthur nicht einfach los. Wer weiss mit Fug und Recht, ob wir heute daran sind, die eigene Geschichte aufzurollen, um mit neuer Energie den Schwung in die Zukunft zu meistern?

 


Heiner Dübi,
5.2.2016, 115. Jahrgang, Nr. 36.

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