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«Wandzeitung» vom 23.2.2016:

Ein Weg aus der Sackgasse:

Der Hellbach in der Steig.

Winterthur befindet sich bekanntlich noch nicht auf Kurs. Zahlreiche Sparübungen zwingen die Stadt finanziell zu turnen. Auch das Sulzerareal würde Pleite gehen, wären da nicht die Sulzer-Pensionskasse mit dem azw und der Kanton mit seinen Fachhochschulen, die den Umsatz generieren. Blicken wir in die Altstadt, so fällt auf wie sich das Laden- und Lädelisterben wie ein Balken zwischen der Stadtkirche und dem Graben auf die obere Altstadt konzentriert, also genau auf den Stadtteil, der ab dem 13. Jahrhundert im Wesentlichen zur wirtschaftlichen Entwicklung Niederwinterthurs beitrug.

Ein kleiner Brunnen an der Steigstrasse erinnert daran, dass eine wichtige Verbindung und Handelsroute vom Bodensee her kommend über Brütten nach Zürich führte. Von Zürich her führte dieser Weg über den Brüttener-Steigacher und durch das Hellholz-Tobel mitten durch Töss nach Winterthur. Das 1233 als kyburgische Stiftung errichtete Kloster Töss wurde beauftragt, den Weg zur Steig zu unterhalten. Winterthur selber knöpfte an der Tössbrücke den Handelsreisenden Zollgeld ab. Später wurde dieser wichtigste Handelsweg durch die Mitte des Kantons Zürich ins Steigholz verlegt, und ab dem 18. Jahrhundert sorgte gar ein Steigvogt für den Unterhalt der Strasse. Daran erinnert uns eine Tafel am heutigen Steigbrunnen: «Diese ehemals kaum fahrbare Berg-Strasse, ward auf Veranstaltung der zürcherischen Landes-Regierung, unter successiver Oberaufsicht Junker Ludwig Maissen und Herrn Salomon Escher regierenden Landvögten der Grafschaft Kyburg, neu angelegt und zu Stand gebracht, durch Ingenieur Lieutnant Spiteler vom 6. May 1788 bis 8. Mertz 1791.»

Bereits im frühmittelalterlichen Hellholz-Tobel zierte ein Brunnen zum Verweilen den Stieg. Der Hellbach diente sozusagen als wirtschaftlicher Quellbrunnen für Winterthur und der Stieg half der Stadt über Jahrhunderte hinweg, aus der Sackgasse die wichtigste Handels- und Verkehrsachse zu bilden. Das Gebiet Hell, wie es noch heute heisst, war damals ein Auenwald. Von seiner Quelle aus sah man direkt nach Winterthur. Eine Leylinie verband die wirtschaftliche «Heilquelle» mit dem Winterthurm auf dem Heiligberg, der wiederum über Leylinien mit den Klöstern Töss und Beerenberg, aber auch mit der Stadtkirche, dem Kirchplatz und Oberwinterthur energetisch verbunden war.

Was hat diese unsichtbare Vergangenheit mit dem heutigen Winterthur zu tun, würde man sich fragen, wenn man nicht wüsste, dass Winterthur seit dem Ende des Industriezeitalters aus eigentlich unerklärlichen Gründen an Energie und Pfupf verloren hat und verliert. Wir können uns zwar einbilden, unsere Löwen im Wappen seien bärenstark. Mit Worten, Einbildung und Sparen erreichen wir nichts. Wir müssen bilden, handeln und wichtige Wege finden, die unsere Stadt wieder öffnen und ausgleichen statt zupflastern. Manchmal kommt mir unsere Stadt wie «vom Winde verweht» vor. Wir alle geben uns sehr viel Mühe, um neue Handelswege zu erschliessen, und zermürben uns in unserer eigenen Schwäche für nichts, bis wir die Leylinien für unsere Stadt, die wir heute wie damals dringend brauchen, wieder finden.


Heiner Dübi,
23.2.2016, 115. Jahrgang, Nr. 54.

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