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«Wandzeitung» vom 5.4.2016:

Weniger Umsatz – mehr Gewinn:

Eine Pantomime zeigt es anders

In meiner langen Beratertätigkeit erlebe ich immer mehr, dass Menschen sich selber und anderen mentalen Stress zufügen. Der Hintergrund dieses Phänomens ist leicht zu erkennen: Diese Menschen, die übrigens allesamt Burnout-gefährdet sind und Organisationen in Krisen stürzen, entscheiden durch Denken. Doch ist von Natur aus unsere Begabung vernünftig zu sein, nicht für Entscheidungen geschaffen, sondern zur Erkenntnis. Das Problem, das sich aus dieser Vorgabe ergibt, zeigt sich zum Beispiel darin, dass wir alles, was angeblich wissenschaftlich erwiesen ist, für bare Münze nehmen, und glauben uns nach diesen Richtlinien entscheiden zu müssen. Unsere Vernunft sitzt also einer Vorgabe auf, die wir nicht mehr hinterfragen und dadurch falsche Entscheidungen treffen.

Rationale Entscheidungen führen in die Irre. Das lässt sich am Beispiel einer Pantomime ganz einfach zeigen. Eine Pantomime atmet und füllt mit ihrem Gefühl einen leeren Raum mit Formen und einer ganzen Erzählung. Währenddessen entscheidet das Publikum, ob es den Eintritt wert ist, der Pantomime zuzuschauen oder ob sie gähnende Langeweile oder Zusammenhangslosigkeit produziert. Von Ratio keine Spur! Die Pantomime überlässt also dem gesamten Publikum die Entscheidung, was sie non-verbal spürt, und trifft selber Entscheidungen, indem sie sich durch den Raum bewegt. Was die Pantomime und das Publikum letztendlich denken, kommt erst am Schluss der Vorstellung als Erkenntnis heraus. Würde eine Pantomime sich selber und dem Publikum mentalen Stress zufügen, wäre die Theaterkasse leer.

Entscheidungen finden also immer nur dann statt, wenn wir atmen, spüren und fühlen. So kann auch eine Pantomime feststellen, ob zum Beispiel ein Ladenlokal so eingerichtet ist, dass die Kunden sich entscheiden in dieses Geschäft einzutreten und etwas zu kaufen. Auch hier stelle ich fest, dass häufig die Architektur, die Aussen- und Innendekoration, der Standort der Kasse und der Hinweis auf Aktionen völlig rational gefällt worden sind und beim Ladeninhaber wie bei den Kunden Stress erzeugen. Vor allem für den Ladeninhaber ergeben sich daraus fatale Folgen. Er wirft seine Organisation in eine finanzielle Krise. Statt sich zu entscheiden, sich von einer Pantomime durch den Laden führen zu lassen, beginnt er zu sparen, indem er Personalkosten kürzt und die Lieferanten stranguliert. So wie er es eben mental gelernt hat, sei es in seiner Ausbildung, an einer Weiterbildung der Fachhochschule oder anderswo. Auch seinen Verkaufsladen hat er sich rational einrichten lassen, was weder vernünftig noch verständlich ist. Doch wie eine Pantomime, die gähnende Leere erzeugt, bleibt auch hier statt der Theaterkasse die Ladenkasse leer.

Es ist höchste Zeit, dass wir Menschen merken, dass unsere Vernunft ein lebendiger Spiegel und dazu da ist, innerlich lesend zu sehen. Denn auch die Tiere und Pflanzen entscheiden, was wir gemäss Ratio als unvernünftige Annahme verstehen. Doch exakt aufgrund falscher Erkenntnis passieren Entscheidungen, die unseren Kopf wie auch manche Organisationen leeren. Eine Pantomime zeigt es anders.

 

 


Heiner Dübi,
5.4.2016, 115. Jahrgang, Nr. 96.

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