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«Wandzeitung» vom 5.8.2016:

Aufwachen:

Winterthur teilt sich.

In jedem lebendigen Organismus besteht von Anfang an Zellteilung und nicht Zelladdierung. Wenn jetzt in Winterthur zwei Stadtzentren entstehen sollen, ein Zentrum in der Altstadt und eines in Neuhegi, so teilt sich die Stadt. Sie verdoppelt sich nicht wie Städteplaner meinen. Sie haben wie viele in der Schule als Erstes addiert statt dividiert und als Kinder Meccano und Lego gespielt, ohne auch umgekehrt aus Lehm die Dinge heraus zu gestalten. Angeblich ist das Zusammenzählen einfacher als das Teilen. Doch würden wir zuerst das Teilen lernen, so wäre es glasklar, dass ein Teilchen immer ein Grösseres voraussetzt. Auch Elementarteilchen sind das Letzte, das im Kosmos entstanden ist. Diese mit der Cern-Physik als Ursprung anzunehmen, ist ein grober Denkfehler, dem auch Einstein unterlief. So wirkt sich Pädagogik und Soziales nicht nur unter den theoretischen Physikern, sondern auch in unserer Stadt fatal aus. Die Stadt Winterthur setzt nämlich einen grösseren Organismus voraus, aus dem heraus sie gewachsen ist. Die Stadt ist Folge einer Bewirtschaftung und nicht Anfang. Wenn wir sie nun in zwei Zellen teilen, so wird sie unregierbar. Bereits heute bekommen wir die Turbulenzen zu spüren. Der Superblock wird getrennt erwähnt, wenn Entscheidungen im Rathaus gefällt werden. Die Bevölkerung muckt auf, wenn es um gemeinschaftliche Projekte geht. Mehr und mehr werden unsere Stadtrepräsentanten auf die Person bezogen verbal attackiert, und das selbst im Parlament. Eine zweigeteilte Stadt wird sich zerstreiten wie das Amen in der Kirche. Da bringt auch das House of Winterthur die Wende nicht hin. Und Hand aufs Herz: Wo um Gottes Willen soll in den wirr hingeklotzten Blöcken ein Stadtzentrum aufgestellt werden? Neuhegi wird zum Slum und wird wenig mit Winterthur zu tun haben. Der Vergleich mit Wülflingen, Seen, Töss, Veltheim und Oberwinterthur ist nicht statthaft. Diese Dörfer integrierten sich und wir erleben heute noch ihre Besonderheit. Ein zweites Stadtzentrum zu bauen widerspricht jeglicher Vernunft. Der Verstand sagt zwar, Flächen nutzbar zu machen. Okay. Aber dadurch den Herzpunkt der Stadt in der Nähe der Stadtkirche zu vergessen, um sich aus diesem Zentrum heraus zu erinnern, wie die Stadt wirtschaftlich, landschaftlich, historisch verbunden ist mit dem Lehm, der sie einst formte, ist schlicht ein Skandal, der Anstoss und Aufsehen erregt. Für die Behörden wird Neuhegi durch die Provokation eines zweiten Stadtzentrums vollends unberechenbar.

Kommen wir zum Punkt: Jede Stadt hat genau ein Zentrum, den wir Herzpunkt nennen. In Winterthur liegt er arg vernachlässigt in der Nähe der Stadtkirche. Hier laufen alle Fäden der Erinnerung zusammen, um die Zukunft zu bauen. Es entwickeln und entfalten sich alle Gedanken und Nerven, die Winterthur räumlich und von ihrer Wirksubstanz her bekömmlich sind. Widersetzen wir uns diesem Willen, so durchschneiden wir die Prozesse und Gesetze dieser Stadt. Genau diesen Prozessen und Gesetzen widersprechen wir, wenn in Neuhegi ein zweites Stadtzentrum hergestellt werden soll und eine verklotzte Architektur Winterthur ins unregierbare Chaos stürzt.

 


Heiner Dübi,
5.8.2016, 115. Jahrgang, Nr. 218.

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