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«Wandzeitung» vom 23.11.2016:

Winterthur braucht eine neues Schlüsselsystem:

Gut gebrüllt Löwe.

Regieren & führen oder verwalten? Das ist die Gretchenfrage, die sich Winterthur stellen muss. Wie steht es mit der eigenen Führung? Mir wurde richtig mulmig zu Mute, als ich im Archiv des Klosters Einsiedeln erkannte, dass der Standort Winterthur (damals Niederwinterthur) seit seiner Entstehung vor rund 1000 Jahren immer von aussen regiert und von innen verwaltet worden war.

Der einzige Schlüssel zu Winterthur liegt darin, dass Winterthur nie einen hatte und keinen bekommen hat. Das ur-kleine Dorf an der Eulach war mit der Umwandlung in eine gefestigte Stadt zum Spielball der Mächte geworden. Winterthur wurde und wird bis heute von aussen regiert & gebaut und von innen verwaltet. Wer baut regiert und führt! Das ist bis heute so geblieben. Winterthur hat noch nie eine Regierung gehabt, die mehr als rebelliert oder verwaltet, denn führt. Der klägliche Versuch 1264, sich von den weltlichen und familiär päpstlichen Grafen von Dillingen zu befreien, endete in einem geschickten Schachzug des Grafen von Kyburg, indem er auf Jahrhunderte hinaus strategisch und organisatorisch die Revolte der Winterthurer zum eigenen Vorteil und zur Wirtschaftlichkeit Dritter befriedete. Da läuft es mir kalt den Rücken herunter, und ich kriege Gänsehaut. Die Freiheit war weg. Winterthur hat zwar ein Parlament und eine Exekutive, jedoch bis heute nicht die eigene Führung gefunden. Stets werden aus dem Parlament neue Verwalter für den Stadtrat gewählt, die zudem seit kurzer Zeit allesamt in einer externen Firma, die einmal den Namen Winterthur trug, den Arbeitsplatz aufsuchen und verschwinden. Dieser Moloch erinnert mich an Momo. Die Entfaltung hätte anders verlaufen können, wenn die Winterthurer von den damaligen Grafen von Dillingen und ihren Nachfolgern, die über weltliche Ländereien von Hessen bis in die Innerschweiz verfügten und die ersten Äbte im Kloster Einsiedeln stellten, den Schlüssel abgerungen hätten, der Winterthur ein eigenes Selbstverständnis gegeben hätte. Dann wäre die Stadt wohl auch zur Hauptstadt im Kanton Thurgau geworden.

Das Schlüsselsystem unserer Stadt muss ausgewechselt und neu bestückt werden. Das wird allerdings im Parlament für viel Verwirrung sorgen, da die vielen Verwaltungspolitiker, die glauben den Schlüssel zum Regieren zu haben, plötzlich leer dastehen und merken, dass sie vermeintliche Türen aufgestossen haben. Gut gebrüllt Löwe! Vielleicht hat es den Wärmering gebraucht, um uns zu zeigen, wie unsere oberste Verwaltung in Legislative und Exekutive mit Fehlern führungslos umgeht, wenn’s darauf ankommt, die beste Lösung zu finden.

Wer immer in den Stadtrat nachrückt oder im Frühjahr das vakante Departement übernimmt, wird den Nimbus des Makels haben. Nicht weil faktische Fehler bei Stadtwerk gemacht wurden. Die Art wie Parlament und Stadtrat dieses Projekt als von aussen diktiert lösten und lösen, ist die eigentliche Affäre, die die Gesamterneuerungswahlen auch in zwei Jahren bestimmt. Spätestens bis dann sollten die Schlösser ausgewechselt und der Passepartout zur inneren Entfaltung und Entwicklung Winterthurs gefunden sein. Gibt es dann ein neues Parlament?


Heiner Dübi,
23.11.2016, 115. Jahrgang, Nr. 328.

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