Logo Wandzeitung
Herausgeber: Guido Blumer & Roger Rutz.
Archiv:   Blog:   Echo:   Home:   Kontakt:   Leitbild:   Partner:   Sponsoren:   Twitter

«Wandzeitung» vom 27.11.2016:

Teil 3:

Moby, der Zirkuselefant.

Moby war deprimiert, weil sein Zirkusprogramm mit den Jahren langweilig geworden war. Er kam sich von den Clowns gepiesackt vor. Die Herde war dadurch etwas in Aufregung geraten und alle machten ihrem Ärger Luft.Vom Lärm angezogen, eilte Tom um die Ecke, um zu sehen, was los ist. Er war schon so lange mit den Dickhäutern zusammen, dass er ihre Sprache verstand. Anina musste die Geschichte noch einmal wiedergeben, denn die Kleine war so eingeschüchtert, dass sie keinen Ton mehr herausbrachte. Sie wühlte nervös im Stroh und wäre am liebsten im Erdboden verschwunden.

Tom hörte aufmerksam zu. «Nun», sagte er dann. «Also ganz so Unrecht hat Samirah nicht, das muss ich zugeben. Also hackt nicht weiter auf der Kleinen rum. Ich werde mir etwas überlegen, damit Moby zu neuem Glanz erstrahlt.» Samirah warf etwas Stroh in die Luft. «Versprochen?» Tom tätschelte sie. «Natürlich!», sagte er und verschwand in Richtung Wagen von Moby. Er wollte den armen Kerl etwas aufmuntern, aber der lag auf der Seite und war in seinem Kummer eingeschlafen. «Armer Kerl!», brummte Tom und ging zum Wagen der Clowns hinüber.

«Hey Tom!», rief der Harlekin. «Trinkst du eine Flasche Bier mit uns?» Er hielt ihm vorsorglich eine hin. Tom nahm sie entgegen, bedankte sich und setzte sich auf die Stufe zum Wagen. Der Clown mit der grossen roten Nase und den noch grösseren Füssen rückte mit seinem Stuhl in die Nähe. Sie prosteten einander zu. «Auf unseren Erfolg!», sagte er übermütig, und die Flaschen schepperten aneinander. Nach einem grossen Schluck wischte sich Tom mit dem Handrücken den Schaum vom Mund. Er suchte noch nach Worten. «Hmm …», fing er an. Die Clowns schauten ihn gross an. «Ist irgendwas?», fragten sie erwartungsvoll. «Na ja. Es gibt da ein Problem mit Moby», druckste er herum. «Mit Moby? Was ist denn los mit dem alten Knaben?» Der Harlekin war überrascht und auch der Clown machte den Mund weit auf.

«Er ist deprimiert, weil er keinen Erfolg mehr hat mit seiner Nummer.» Tom wusste, dass er diplomatisch vorgehen musste, das heisst sorgfältig, um nicht noch mehr Seelen zu verletzen. «Ist nicht wahr!», entrüsteten sich die beiden Clowns im Chor, so wie sie es manchmal in der Manege machten. «Wollt ihr mich auf den Arm nehmen?» Tom runzelte die Stirne und sah die beiden ernst an. «Sicher nicht!», sagten die Beiden wieder im Chor und sahen sich sogleich entsetzt an. Der eine hielt dem anderen den Mund zu und sagte: «Das war keine Absicht, glaube uns bitte. Wir mögen den Elefanten sehr.» Und der andere nickte eifrig: «Wenn wir nur etwas für ihn tun könnten.»

Die Drei tranken schweigend ihr Bier zu Ende. Tom sagte als erster wieder etwas. «Sagt mal, wann studiert ihr eigentlich wieder einmal eine neue Nummer ein?» Der Harlekin brauste beleidigt auf: «Warum? Die ist doch gut, oder?» Tom hob beschwichtigend die Hände. «Halt, halt, nur keine voreiligen Schlüsse. Natürlich ist die Nummer gut. Aber ich hätte da so eine Idee!»


Momo Appenzeller,
27.11.2016, 115. Jahrgang, Nr. 332.

Artikel als PDF downloaden

Zu diesem Artikel wurde noch kein Standpunkt abgegeben.

 

Veröffentlichen Sie als erste Person Ihren

Standpunkt*:

Name:

*Wir freuen uns sehr über Ihre Gedanken zum Text des Tages, bitten Sie jedoch, keine Personen zu verunglimpfen und deren Haltung mit Respekt zu begegnen. Danke schön. Verstösse gegen unser Leitbild werden indes nicht verbreitet.

 

Winterthurs kleinste Zeitung der Schweiz.