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«Wandzeitung» vom 31.8.2014:

Gleichstellung:

Frauen mobilisieren.

50 000 Hausfrauen haben ein Studium abgeschlossen – diese Erkenntnis aus den neusten Statistikzahlen des Bundes hat kürzlich die Medien beschäftigt. 5,75 Milliarden Franken hat der Staat ins Studium dieser Hausfrauen investiert, rechnete «20 Minuten» vor. Was ist der Grund für die Faszination der Hausarbeit? Verlässt die aufstrebenden Frauen der berufliche Ehrgeiz, sobald sie Mutter geworden sind? Sylvie Durrer, Direktorin des eidgenössischen Gleichstellungsbüros, sagte darauf im «Tages-Anzeiger»: Erstens sei es immer noch verpönt, Mutter und Vollzeit erwerbstätig zu sein. Zweitens gebe es zu wenig Teilzeitstellen in Kaderpositionen.

Ich glaube: Der Hauptgrund liegt in der umständlichen und teuren Kinderbetreuung in der Schweiz, die sich desto weniger lohnt, je mehr die Eltern verdienen. Die wirkungsvollste Massnahme für die Mobilisierung der Akademikerinnen wäre deshalb eine flächendeckende Ganztages-Betreuung zu kostengünstigen und höchstens leicht abgestuften Tarifen. Natürlich wäre niemand verpflichtet, seine Kinder ausserhalb der Kindergarten- oder Schulzeiten dort betreuen zu lassen – aber alle wären dazu berechtigt. Die Krippen und Horte wären gut durchmischt, weil sie finanziell auch für Hochverdiener attraktiver sind als eine private Nanny. Es bestünde Chancengleichheit zwischen Vätern und Müttern bei der Gestaltung des Berufsalltags, und eine der grössten Hürden für Mütter, die im Beruf bleiben wollen, wäre beseitigt.

Sie werden jetzt einwenden: Wie soll das finanziert werden? Das Betreuungsangebot, so die Idee, hätte volkswirtschaftlich einen so gewaltigen Dynamisierungseffekt, dass die Kosten, die den Staat kurzfristig stark beanspruchen, mittel- und langfristig mehr als wettgemacht würden. Und was ist mit der föderalen Autonomie? Sollen kleine Landgemeinden dieselbe Betreuung anbieten wie Städte trotz kleinerer Nachfrage? Ja, sie sollen. Denn Angebot schafft manchmal Nachfrage, was hier sinnvoll wäre. Eine halbtags berufstätige Mutter auf dem Land stockt infolge des Angebots vielleicht ihr Pensum auf 80 Prozent auf, zahlt für die Kinderbetreuung aber insgesamt weniger als bisher mit 50 Prozent und leistet sich dafür eine Putzhilfe und einen Gärtner, die wiederum das Volkseinkommen und Bruttoinlandprodukt steigern. Es sind übrigens nicht nur Frauen, die mobilisiert werden müssen, sondern auch über 55-Jährige und Leute, die sich besser qualifizieren könnten. Das grösste Potenzial liegt aber bei den Frauen, rund eine Viertelmillion möchte eine Stelle oder das Pensum erhöhen.

Ein solches Betreuungssytem würde nicht zuletzt dem von Sylvie Durrer genannten gesellschaftlichen Vorurteil begegnen, arbeitende Mütter seien schlechte Mütter. Das Gegenteil wäre der Fall, arbeitende Mütter wären die logische Normalität. Allein: Die Idee ist so weit von der politischen Realisierbarkeit entfernt wie etwa der EU-Beitritt. Aber das soll uns nicht davon abhalten, dafür zu kämpfen.

 

 


Claudia Blumer,
31.8.2014, 113. Jahrgang, Nr. 87.

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