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«Wandzeitung» vom 20.5.2016:

Mütter sollten sich gegenseitig unterstützen statt verurteilen:

Gleiche Rechte für Frauen wie Männer.

Haben Frauen dieselben Rechte wie Männer. Schliesslich haben Frauen vor mir das Frauenstimmrecht erkämpft, wofür ich ihnen dankbar bin. Ich sah die Ungerechtigkeit darin, dass ich erst mit achtzehn Jahren abstimmen durfte. Aber mein Bruder durfte ja auch nicht vorher abstimmen, also witterte ich da keine Geschlechterungleichheit. Ich wusste früh, dass es für gleiche Arbeit nicht denselben Lohn gab und das ist etwas, was heute noch ungerecht ist. Klar – da war noch der Mutterschaftsurlaub, den wir erkämpften. Jetzt ist noch der Vaterschaftsist weit weg von einer guten Familienpolitik. Was ich erst etwas später merkte, sind diese subtilen Diskriminierungen, die auch auf linker Seite nicht halt machen.

Als ich mich für eine Kandidatur in den Regierungsrat interessierte, kam auch von linker Seite die Frage, wie ich das denn mit Kind mache. Meinem früheren Partner, der mit einem noch jüngeren Kind ebenfalls für dasselbe Amt kandidierte, wurde diese Frage nie gestellt. Wenn ich einmal an einem Anlass nicht teilnahm, weil ich mein Kind betreute, stiess dies bei Gleichgesinnten auf Missfallen. Nach dem Motto: Kann die sich nicht organisieren? Oder es wurde mir freundlicherweise angeboten, das Kind mitzunehmen. Dass Kinder im Schulalter weder Lust haben, Abende oder Freizeit an Politanlässen zu verbringen, noch dass sie ins Bett müssen, damit sie ausgeschlafen zur Schule kommen, auf diese Idee scheinen nicht alle zu kommen. Denn manchmal will man sein Kind nicht einfach «organisieren».

Es braucht einen und man findet, es sei richtig, einen Teil der Zeit mit ihm zu verbringen. Nicht selten bekam ich mit, dass sich ein Mann wegen Familienpflichten entschuldigte. Das fand man dann schon fast heroisch. Wirklich einfach toll, dass sich ein Vater ab und zu um sein Kind kümmert und dafür an einem Politanlass nicht teilnimmt. Ich habe viele solche und ähnliche Erlebnisse gehabt und Kolleginnen mit Kindern auch.

Eine Frau hat mir kürzlich gesagt, wir sollten endlich den Mut haben, darüber zu reden. Mir wurde im letzten Wahlkampf – als ich schwanger war – tatsächlich mehrfach die Frage gestellt, nicht von linker Seite, ob ich im Nationalrat aufhöre, wenn das Kind da sei. Keinem männlichen Kollegen wurde diese Frage je gestellt, wenn er Vater wurde. Väter werden auch nie gefragt, wer ihre Kinder während der Session betreut und wie sie sich organisieren. Und sie erhalten all die Zuschriften nicht, wie wir Mütter, die in der Öffentlichkeit stehen, statt am Herd.

Als Sportredaktorin Steffi Buchli kürzlich in einem Interview verkündete, sie würde nach dem Mutterschaftsurlaub wieder arbeiten, brach eine Welle der Entrüstung über sie herein. Ich dachte, dass wir wirklich noch nicht da sind, wo wir sein sollten. Neben dem politischen Engagement sehe ich vor allem einen wichtigen Schritt: Frauen sollten zusammenhalten. Aufhören, andere zu verurteilen, weil sie arbeiten oder nicht arbeiten, weil sie stillen oder nicht stillen, weil sie Kaiserschnitte haben oder natürlich gebären. Diese ganzen Dogmen ums Muttersein schaden den Frauen.

Frauen sollten die anderen Frauen in ihren jeweiligen Entscheidungen unterstützen, ohne zu urteilen und zu verurteilen. Wenn wir das erreicht haben, sind wir mehr als einen grossen Schritt weiter.


Chantal Galladé,
20.5.2016, 115. Jahrgang, Nr. 141.

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