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«Wandzeitung» vom 31.3.2016:

Mit Taten und Gedanken:

Vom Glauben an die Pioniere.

Ein Pionier ist so was wie ein Wegbereiter. Jemand, der mit Taten oder Gedanken noch nicht beschrittene Wege geht, an einen Erfolg seiner Idee glaubt, aber nicht weiss, welche Erfolgskurve diese einst nehmen wird. Pioniere sind oft nicht auf Anhieb erfolgreich, scheitern, werden belächelt, mitunter verachtet, von der Gesellschaft geschnitten, stehen trotzdem – oder gerade deshalb – wieder auf und gehen ihren Weg beharrlich weiter, weil die Überzeugung sie leitet.

Irgendwann gelingt der Durchbruch – und plötzlich haben alle «schon immer gewusst, dass er es zu etwas bringen würde», man habe immer dran geglaubt. Stolz ranken sich die Menschen um den Pionier oder die Pionierin und geben alles, um am Erfolg teilzuhaben.

Zum Pionier ist niemand geboren, die Lorbeeren werden erst nach harter Arbeit verteilt. Recht so. Der Glaube an eine Sache oder an einen Menschen aber hilft dem Pionier, wenn es gerade mal nicht rund läuft. Wäre dem nicht so, dann gäbe es wohl keine Gummibereifung am Auto – Good Year’s Biografie ist mir als eine der eindrücklichsten und auch tragischsten Pionier-Stories bekannt. Auf Winterthur bezogen: Es gäbe vielleicht keine Dieselmotoren, keinen Stewi, keine Maggiwürfel, keine Musikfestwochen mit Altstadtkulisse und auch keine Gassenschau, die für uns Winterthurerinnen und Winterthurer ein gutes Beispiel für Pionierarbeit ist. Was 1984 an Requisiten in einen Koffer passte, braucht heute anderthalb Jahre Aufbauarbeit, ein fünf Hektar grosses Areal und ein Millionen-Budget. Das Gründerquartett mit Ernesto Graf, Paul Weilenmann, Brigitte Maag und Markus Heller erschrak selbst ob so viel Wagemut, als es an der letzten Pressekonferenz das neue Vorhaben präsentierte.

Und alles freut sich riesig auf das Schauspiel dieser Truppe, welche Bühnenbilder aus dem Hut zaubert, die ans Unmögliche grenzen. Welche laute und pompöse, mit Pyrotechnik ausgestattete Schreckensmomente inszeniert, irrwitzige Bühnenbauten aus mehrfach recycliertem, tonnenschwerem Baumaterial aufstellt und dafür Monate(!) Zeit benötigt. Welche Poesie in ihren Geschichten – bei aller Schrillheit – nie zu kurz kommen lässt. Kurz: Welche sich in ihrem Erfindergeist von nichts abschrecken lässt, um das Publikum – und wohl auch sich selbst – bei Laune zu halten. Und ständig begleitet sie das Ungewisse: Unerprobtes kann schiefgehen, Ideen können ein Publikum enttäuschen – aber eben auch begeistern. Dieses Risiko einzugehen, ist Pionierkunst vom Feinsten. Winterthur ist stolz, mehr denn je, Gastgeberin für so viel Kühnheit zu sein.

Und Winterthur – so haben es die kühnen Künstler erlebt – habe stets an sie geglaubt, sie unterstützt auf der Suche nach dem passenden Bühnenareal, um sich zu entfalten. Eine wahrlich nicht ganz einfache Sache bei dieser Ausstattung. Ob Bevölkerung, Standortförderung, Tourismusbüro, Arealentwickler, Stadtbus oder Behörden: Man suchte beharrlich NACH und kämpfte FÜR den geeigneten Standort – und fand schliesslich die Lösung für die nächste Spielzeit, obwohl es hätte anders kommen können. Jetzt sind sie endlich da, im Industriepark, unerschrocken und in alter Frische. Willkommen zurück liebe Gassenschau – in der Pionierstadt Winterthur.


Karin Landolt,
31.3.2016, 115. Jahrgang, Nr. 91.

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