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«Wandzeitung» vom 17.6.2016:

Welchen Platz hat die Industrie-Kultur?

Kulturstadt Winterthur ist eine Marke.

Winterthur feiert «100 Jahre Kunstmuseum». Der Festakt am 21. Mai bot die Gelegenheit, sich mit der Frage: «Museum – warum?» auseinander zu setzen. Zwangsläufig war bei den Festreden auch der Zusammenschluss von Kunstmuseum, Reinhartmuseum und der Villa Flora ein Thema, immer verbunden mit der Frage, wer finanziert den Museumsbetrieb, wer den Gebäudeunterhalt? Früher waren reiche Winterthurer wichtige Geldgeber. Sie verdienten ihr Geld in der Industrie, im Handel und im Bankgeschäft. Auch heute gibt es noch Millionen verdienende Manager. Sie kommen und gehen. Oft fehlt der Bezug zu Winterthur, aber auch zu Kunst und Kultur. So muss vermehrt «die Stadt», also wir Steuerzahler einspringen, damit kulturelle Institutionen weiterhin ihre Aufgabe erfüllen können.

Im Kultur-Leitbild 2015 schreibt der Stadtpräsident: «… die Kulturstadt Winterthur (ist) eine eingängige Marke mit grosser Ausstrahlung – unverzichtbar für unser Standortmarketing und die strategische Ausrichtung im Wettbewerb der Städte. Nur schon aus diesem Grund ist und bleibt Kulturförderung in unserer Stadt von zentraler Bedeutung». Schade, dass andere, viel wichtigeren Aspekte erst an zweiter Stelle aufgeführt werden.

An den Tagen der offenen Tür, 21. und 22. Mai, strömten viele Menschen in das Kunstmuseum und versuchten die ausgestellten Kunstwerke zu verstehen, zu ihnen einen Bezug herzustellen. Dies gelang oft nicht, wie mir verschiedene Besucher und Besucherinnen offenbarten. In absehbarer Zeit werden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger darüber zu entscheiden haben, wieviel Steuergeld dem Kulturbetrieb zukommen soll. Die wenigsten wird es interessieren, ob die Kulturstadt Winterthur eine eingängige Marke mit Ausstrahlung sei oder in welchem Rang wir im Wettbewerb der Städte stehen. Vielmehr zählt, ob es gelingt, einer Vielzahl von Menschen die Kunstwerke näherzubringen.

Kürzlich besuchte ich erstmals das Dampfzentrum in Winterthur und war fasziniert von den Leistungen unserer Vorfahren. Im Flyer für die Besucher wird einleitend festgehalten: «Das Dampfzentrum ist ein Ort der gelebten Kultur … Wir geben Einblicke ins Leben und in die Arbeitsbedingungen von Menschen, die mit Geist, Fleiss, Können und Geschick unseren Wohlstand begründet haben».

Der Stadtrat will das Dampfzentrum nicht finanziell, sondern nur ideell unterstützen. Es ist zu befürchten, dass dieses lebendige Museum wegen mangelnder Finanzen schliessen muss. Auch die Industriestadt Winterthur verdient gewürdigt zu werden, nicht nur die Bilder des 19. oder 20. Jahrhunderts. Die Besucher und Besucherinnen stehen genauso staunend vor den Werken kreativer Ingenieurskunst wie vor Bildern berühmter Künstler im Kunstmuseum. So hält der Flyer des Dampfzentrums fest: «Wir wollen mit anschaulichen Beispielen jenen innovativen Geist zeigen, der auch für die Gestaltung unserer Zukunft wichtig ist».

Noch ist es nicht zu spät. Der Stadtrat kann die Ingenieurkunst wie auch die Kunstmuseen, die Kultur ganz allgemein, angemessen fördern. Beides gehört zu Winterthur.

 


Haymo Empl,
17.6.2016, 115. Jahrgang, Nr. 169.

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