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«Wandzeitung» vom 17.8.2016:

Zweimonatsdauer viel kürzer als 60 Tage?

Weinende Engel.

Alle zwei Monate habe ich einen Text zu verfassen, so die Abmachung mit den «Wandzeitungs»-Verantwortlichen. Als älterer Mensch stelle ich bedauernd fest, dass die Zeit wie im Flug vergeht. So empfinde ich die Zweimonatsdauer viel kürzer als 60 Tage. Das Phänomen ist nicht nur mein subjektives Empfinden – es ist durch entsprechende Studien erhärtet. Die Begründung, dass sich die Zeitwahrnehmung im Alter verändert lautet: Erlebt man wenig Neues, Aufregendes, bleiben auch weniger Erinnerungen, und im Rückblick erscheint die Zeitspanne kürzer, so eine Studie.

Als eifriger Zeitungsleser und interessierter Mensch kann ich mich nicht darüber beklagen, dass in meiner Familie, in Winterthur, in der Schweiz oder in der Welt wenig Neues, Aufregendes passiert. Bin ich ein Sonderfall, dass mir die Zeit zu rasch vergeht und ich nicht in das Schema der Studie passe? Es mangelt also nicht an Themen für die «Wandzeitung». Das Thema «Warum vergeht die Zeit im Laufe des Lebens immer schneller?», möchte ich aber ruhen lassen. Es soll erst behandelt werden, wenn alle «Wandzeitungs»-Leser und Leserinnen das AHV-Alter erreicht haben. Aktuelle Themen in Winterthur und überall auf der Welt gibt es genug.

Reden wir nun nicht vom sich am Bosporus etablierenden Diktator, beschränken wir uns auf Winterthur, der kleinen Stadt, die wir alle gut kennen (Originalton Adrian Ramsauer). Anlass zu verschiedenen Überlegungen gibt der kürzlich eingereichte Vorstoss eines CVP Politikers betreffend fehlender christlicher Symbole in der Friedhofskapelle Rosenberg. Der Politiker meint: «In einem christlichen Land wie die Schweiz, welches seit Jahrtausenden von der jüdisch-christlichen Kultur geprägt ist, ist es uns unverständlich und für gläubige Menschen verletzend, dass die Symbole unserer christlichen Kultur mit viel Vehemenz aus dem öffentlichen Raum verschwinden sollen.»

Für mich verletzend ist Symbolpolitik, die offenbar von der CVP vertreten wird. Was nützen Engel an der Wand der Friedhofskapelle, wenn nicht eine handfeste, christliche Politik betrieben wird, geprägt von der christlichen Soziallehre? Ihre tragenden Grundprinzipien ist das Solidaritätsprinzip, die Beachtung des Gemeinwohls und der Menschenrechte. Es passt nicht zum «C», wenn der Interpellant vor einiger Zeit bei der Behandlung von Einbürgerungsgesuchen verlangt hat, dass ein hier seit 20 Jahren lebender Kosovare nicht eingebürgert wird. Er tat dies mit der Begründung, dass bei einem Familiennachzug die wirtschaftliche Selbständigkeit nicht mehr gesichert sei.

Was nützen dem Kosovaren die Engel in der Friedhofskapelle, wenn der CVP Vertreter seine Einbürgerung hintertreibt? Es erstaunt nicht, dass die CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider Schneiter verlangt hat, das «C» (christlich) durch «C» (Centrum) zu ersetzen. Der Lockerung der Waffenausfuhr in problematische Länder hatte sie zugestimmt, denn für sie waren nicht die Menschenrechte zentral, sondern das Geld.

Wenn hier, in unserer nicht kleinen Stadt, in unserem Land, eine Politik mit zu wenig ethischen Grundsätzen betrieben wird – wie soll es denn auf der Weltbühne besser sein?


Haymo Empl,
17.8.2016, 115. Jahrgang, Nr. 230.

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