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«Wandzeitung» vom 5.7.2014:

Die Stadt Winterthur möchte sich an ihre Zukunft erinnern:

Wie viel Sparen hält Winterthur aus?

Wir sind Winterthur. Es war ein Jubiläum der Superlativen. Vorletzten Sonntag feierte Winterthur mit Zeremonie und Klangwolke 750 Jahre Stadtrecht. Bundesrat Ueli Maurer lobte Winterthur als schönste Stadt der Schweiz. Und nur einen Tag danach, über Nacht, zerbrachen alle Träume: Der Gemeinderat stimmte mit 27:26 Stimmen der Privatisierung der Stadtgärtnerei zu.

«Wer will was Lebendiges erkennen und beschreiben, Sucht erst den Geist heraus zu treiben, Dann hat er die Teile in seiner Hand, Fehlt, leider! nur das geistige Band.»

Ja, der Entscheid die Stadtgärtnerei aus der Regierung herauszulösen, tönt ganz nach Goethes Faust. Faustdick erklärt Mephistopheles seinem Schüler, wie es allen abstrakten Mainstream-Wissenschaftlern, und in unserem speziellen Fall den Winterthurer Politikern ergeht, wenn sie ihr Politisieren und Regieren auf Zahlen reduzieren: Die Teile haben sie in der Hand, doch das «geistige Band» ist abwesend. So sehr auch mit dem Argument der Aufteilung aller politischen Prozesse unter Verweis auf Sparmethoden und Zentralisierung der gegenteilige Eindruck erweckt werden soll, «das geistige Band» zur Privatisierung der Stadtgärtnerei ist so wenig auszumachen wie der Exodus der Exekutive und ihren Verwaltungen in den Superblock, auch bei bestem Bemühen nicht.

Hinzu kommt, dass es für die Behauptung des Sparens durch Privatisierung und Zentralisierung keinen empirischen Anhaltspunkt, geschweige denn einen Beweis gibt, der einer kritischen Betrachtung standhält. Vielmehr lässt sich festhalten: Die Bestätigung der Spartheorie setzt die Spartheorie voraus. Die Theorie über das Sparen im Superblock ist zirkelhaft gebaut, das heisst sie setzt stets das voraus und muss voraussetzen, was eigentlich bewiesen werden soll: das Sparen.

Also ihr lieben Sparpolitiker horcht auf. Alle auf dem Sparen und den endlichen Sparmassnahmen aufbauenden Gedankenkonstruktionen sind illusionär. Das lässt sich leicht erkennen: Laufend ändert Ihr die Bedingungen, unter denen Winterthurs Kasse in den nächsten Jahren eine schwarze Null erzielen soll. Da sind es zur ersten Überraschung die Occasion-Möbel, dann die spekulativen Vermietungen der leeren Liegenschaften in der Altstadt, alsbald die reduzierten Löhne der Stadtangestellten und kurz darauf die Privatisierung der Stadtgärtnerei, die Androhung der Steuererhöhung und vieles mehr. Der ganze Umzug in den Superblock erweist sich leider nur als Spekulation.

Der Gedanke, dass wir nur das erkennen können, was wir in uns tragen, was wir eigentlich und in der Tiefe wissen, aber vergessen haben, sollte auch für die Regierenden in Ueli Maurers «schönsten Stadt der Schweiz» nie an innerer Überzeugungskraft einbüssen. Wir sind Winterthurer und möchten uns mit all unserem Denken und Handeln an die Zukunft erinnern können. Das passiert, wenn die Vertreter der Macht im Stadthaus bleiben – und sei es vorerst mal einzig der Stadtpräsident.


Heiner Dübi,
5.7.2014, 113. Jahrgang, Nr. 30.

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