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«Wandzeitung» vom 19.8.2014:

Der Reduktionismus hat einen schweren Stand:

Plädoyer für die Lebenskraft.

Zu unseren Zeiten als Schüler kursierte ein Witz: Elefäntchen und Mäuschen gingen ins Kino. Leider mussten sie hintereinander sitzen. Elefäntchen sass vorne und Mäuschen hinten. In der Pause fragte Mäuschen, ob es im zweiten Teil vorne sitzen könnte. Elefäntchen willigte ein. Nach ein paar Filmminuten drehte sich Mäuschen um und flüsterte: «Gäll, ’s isch eklig?»

Als die Schüler von Sir Isaac Newton im 18. Jahrhundert mit ihren Forschungen zur Optik und Schwerkraft die Methaphysik zu revolutionieren meinten, führten sie eine neue wissenschaftliche Methode ein: Den Reduktionismus. Die neuen Kosmostheologen untersuchten die Teile der mechanischen Bewegungen auf der Erde in dem Glauben, aus zusammengesetzten Erdteilchen das ganze Weltall zu erklären. Noch Einstein biss sich daran die Zähne aus. Auch er meinte, die Newtonschüler hätten ein gewaltiges Uhrwerk gefunden und die Physik sei eine riesige mechanische Konstruktion. Zwar liessen sich durch stückweises Erforschen einzelner Naturphänomene Erkenntnisse aus Teilen eines Puzzles auf Erden gewinnen. Die Physiker glaubten jedoch, mit Stückchen aus Optik und Schwerkraft das Funktionieren des ganzen Kosmos beschreiben zu können. Das kunterbunte Treiben ging so weit, dass die Naturwissenschaftler nach dem Prinzip des Uhrwerks auch lebende Organismen untersuchten, bis sie in den kleinsten Atomen innerhalb von Molekülen den Quarks entdeckten, eine nicht mehr reduzierbare Struktur jeder Materie. Es gab also nichts mehr, womit man Leben von Nichtleben hätte unterscheiden können. Auch heute noch arbeiten Biologen und Mediziner mit den Annahmen dieser Reduktion. Das ist zumindest Mäuschens Sicht.

Aber auch Elefäntchen hat es schwer, sitzt es doch im gleichen Film. Dass in der Gemeinde der Kosmostheologen Leben aus Nichtleben gepredigt wird, ist bereits ein Hinweis, wie die Kosmostheologen den Reduktionismus gleich selber widerlegen. Denn wenn in kleinstmöglichsten Materiepartikeln keine Lebenskraft gegenwärtig ist, dann muss sich das Leben zwangsläufig aus dem gemeinschaftlichen wechselseitigen Aneinanderwirken nichtlebender Teile ergeben, eine Wirkung, die Fähigkeiten wie Atmung, Verdauung und Reproduktion selbst bei Physikern wie Einstein erzeugt.

Das Leben selbst wiederlegt den Reduktionismus. Warum und wie soll aus einer von Nichtleben durchdrungenen Welt Leben erzeugt werden? Welchen Sinn hätte eine von Nichtleben umgebene Erde. Nur dass sie der Mensch zerstört? Könnte es sein, dass unser Klimawandel auf eine Entkräftung unserer Erde zurückgeht? Dann aber sprechen wir vom Aufgang und Abgang unseres Planeten, der wie ein Organismus unter anderen in einem gemeinschaftlichen wechselseitigen Aneinanderwirken mit der Sonne, dem Mond, den Planeten und unendlich vielen weiteren Welten von Lebenskraft durchdrungen ist. Ob Mäuschen oder Elefäntchen, hinten oder vorn. Wir müssen schleunigst das Kino wechseln. Aufgang und Abgang unseres Planeten haben nichts mit Werden und Vergehen zu tun. Nur mit der Verschiebung einer Lebenskraft.


Heiner Dübi,
19.8.2014, 113. Jahrgang, Nr. 75.

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