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«Wandzeitung» vom 23.3.2017:

Dialog zwischen einem Arbeitgeber und mir, Teil 2:

Beraten ohne Loyalitätskonflikt?

Was ist ein guter Berater? Wie unterscheidet er sich von einem Experten? Diese Fragen diskutierte ich am 05.03. mit Werner in dieser Zeitung. Heute geht es um Unfreiheit und um Loyalitätskonflikte und wie Berater damit umgehen könnten. Ich halte den Dialog in Fortsetzung mit Werner fest. Werner ist ein Arbeitgeber. «Für mich als Arbeitgeber ist die Arbeit fundamental. Doch viele erleben den Fluch der Arbeit und verstehen ihre Institutionen eher als Gefängnis.» – «Welche Institutionen?» – «Schlecht geführte Unternehmen. In schlecht geführten Unternehmen ist es normal, dass sich die Menschen auch schlecht fühlen. So beurteile ich es als Arbeitgeber.» – «Wir müssen zuerst über die Unfreiheit in Institutionen reden. Institutionen machen unfrei, wenn man von ihnen besessen wird. In dem Augenblick, in dem jemand von Macht, Geld oder was auch immer besessen wird, ist er unfrei.» – «Ich fürchte, dass viele Arbeitgeber und Manager von Macht und Geld besessen sind. Werden sie dadurch nicht zu einsamen Menschen, getrieben oder gezogen von Macht, Einfluss und Geld?» – «Diese Einsamkeit findest du nicht nur bei vielen Arbeitgebern in kleinen und mittleren Betrieben und bei vielen Top-Managern. Sie dürfen weder im Unternehmen Freunde haben, noch finden sie Freunde ausserhalb des Unternehmens. Diese Einsamkeit findest du auch unter Beratern.» – «Ich kenne Arbeitgeber und Manager, die – ausser der Zusammenarbeit mit Kunden und Angestellten – von irgendetwas besessen sind. Sie werden früher oder später einsam und werden unfähig, menschliche Beziehungen aufzubauen oder zu halten. Deshalb habe ich im letzten Gespräch auch gefordert, dass Berater dem Beratenen zwingend menschlich überlegen sein müssen.» – «Da sprichst du ein grosses Problem im Beratertum an. Diese Berater, die du nennst, sind selten. Ich spreche von 0,1%. Die psychische Disposition zur Einsamkeit und deren Erfüllung im Leben fallen oft gerade bei Beratern zusammen.» – «Fatal. Wie hütest du dich vor dieser übertriebenen Effizienz?» – «Ich halte mich hier heraus, indem ich als Naturphilosoph berate und meine Beratung nicht auf sekundäre Tugenden wie Fleiss, Gründlichkeit und Einsatz reduziere. Ich würde lediglich das Ziel leerer Expansion und des reinen Machterhalts der Institution, seien es Unternehmen oder andere Institutionen verfolgen und mich zu den ärmsten Menschen, die ich kenne, zählen. Durch Überanpassung gerät man leicht in einen Strudel der Abhängigkeit und wird so zum Agenten eines Systems.» – «Kann ein Berater in Loyalitätskonflikte zu Institutionen kommen?» – «Loyalität ist eine Charaktereigenschaft von Dauer. Diese Eigenschaft von Dauer trifft auf alle Menschen zu.» – «Um der Frage auf den Grund zu kommen: Gibt es für Berater eine gute und eine schlechte Loyalität? Kann Loyalität zu einer Falle werden?» – «Man kann in Loyalitätskonflikte zu Institutionen immer dann geraten, wenn die zu beratenden Institutionen lebensfeindlich sind. Ist dies der Fall, tritt ein Berater in die Falle der Loyalität, weil sich sein Charakter an falsche Zwecke bindet.» – «Oh, gibt es ein Loyalitätsbewusstsein im Beratermarkt? Darüber rede ich gerne mit dir das nächste Mal.»

 


Heiner Dübi,
23.3.2017, 116. Jahrgang, Nr. 82.

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