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«Wandzeitung» vom 5.5.2017:

Dialog zwischen einem Arbeitgeber und mir, Teil 5, Schluss:

Fertig gemobbt.

«Jetzt haben wir uns ausführlich über Fehlerverhalten von Beratern unterhalten. Solches Verhalten führt oft zu wenig optimalen Entscheidungen. Ganz zu Beginn unserer Dialogreihe hast du gesagt, nur 0,1% aller Berater seien gut. Ich wünschte mir hierfür eine Erklärung.» – «Das mache ich gerne. Beratung ist allenfalls eine Unterform des Coachings. Dafür gibt es ein schönes Zitat aus dem Talmud: Achte auf deine Gedanken, sie werden deine Worte; achte auf deine Worte, sie werden deine Taten; achte auf deine Taten, sie werden deine Gewohnheiten; achte auf deine Gewohnheiten, sie werden dein Charakter; achte auf deinen Charakter, er wird dein Schicksal.» – «Jetzt verstehe ich. Spätestens bei den Gewohnheiten klinken die meisten aus.» – «So ist das, Werner. Ein echtes Coaching muss bei den Gewohnheiten anpacken. Ich wurde kürzlich gerufen, um ein Mobbing zu lösen. Eine der Sekretärinnen war ungeniessbar geworden, so schilderte man mir die äussere Problemstellung. Die Qualität der Zusammenarbeit spitze sich zu. Als ich das Grossraumbüro betrat, sah ich, dass eine der Damen ihren Schreibtisch direkt in der Fortsetzung einer stark befahrenen Strasse hatte. Sie sass sozusagen immer im Energiewind der Autos, die direkt vor dem Bürofenster die Kurve nahmen. Das war der Sitzplatz der ungeniessbaren Kollegin. Sie klagte dauernd über Migräne, war oft krank und erledigte ihre Arbeit schlecht. Da machten wir etwas gegen die Gewohnheit! «Wir zogen sie aus dem Verkehr» und tauschten ihren Arbeitsplatz mit dem Kopiergerät. Zwei Wochen später hatte die Betroffene keine Migräne mehr und das Mobbing verebbte. «So einfach kann Beratung sein, wenn man den Ursprung, oft gar den Urgrund für eine Veränderung erkennt.» – «Die Beratungen, die ich in meinem Unternehmen erlebe, beginnen aber immer mit dem Ziel.» – «Im geschilderten Fall war das Ziel, das Verhalten dieser Person zu verändern. Das Ziel war völlig falsch angedacht, da der Grund für das Gemobbtwerden nicht in dieser Person zu finden war. Interessant war danach die Rückspiegelung. Wir konnten mit dem ganzen Team darüber reden, wie leicht und schnell aus purer Gewohnheit die Falle schnappt und bei allen der Charakter spricht. Ich kann dir sagen, das war echte Teambildung! Es folgte noch ein Coaching von drei Sessionen, um Mobbingfallen zu erkennen. Das ganze Team hat damit sein Schicksal verändert.» – «Das ist ein kleines Beispiel. Gibt es auch grosse?» – «Schau, Veränderungen geschehen, wenn wir sie im Geist vorwegnehmen. Das nenne ich die Erwartung. Dann folgt die Konditionierung: Erfahrungen aus der Vergangenheit schaffen Muster, die in die Gegenwart wirken. Und jetzt kommt die Bedeutung: Die Art und Weise, wie ein Berater die Problemstellung interpretiert, beeinflusst ihren Verlauf. Anders als allgemein angenommen, muss kein Mensch überlistet werden, um einen Effekt zur Problemlösung herbeizuführen. Kurzum: Was im Kleinen abspielt, gelingt auch im Grossen. Nur sind da noch weniger bereit, Gewohnheiten zu verändern und den eigenen Charakter zu puschen. Dieser Aufwand ist oftmals zu teuer. Warum aber mit 99,9% kompliziert, wenn’s mit 0,1% einfach geht?»

 

 


Heiner Dübi,
5.5.2017, 116. Jahrgang, Nr. 125.

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