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«Wandzeitung» vom 5.6.2017:

Porsche oder BMW?

Tolle Rollatoren.

Ja, die Rollatoren sind toll. Sie sind noch nicht lange auf dem Markt. Doch scheinen sie sehr begehrt zu sein. Fast könnte man meinen, dass die meisten Menschen nur darauf warten, dereinst auch einen "Alters-BMW" zu fahren. Auto weg, Rollator daher! Er braucht nämlich keinen Führerschein und fällt nicht unter die Bewirtschaftung der Parkplätze. Ein Segen für die Menschheit? "Ich bin auch ein Rollator", könnte demnächst der Werbeslogan des ZVV sein.

Ich will weder alte Menschen brüskieren noch den Rollator für einen Segen im Alter proklamieren. Er kann tatsächlich eine mehr oder weniger praktikable Gehhilfe sein, zumal er auch als Einkaufswagen oder Bänkli benutzt werden kann. Man kann damit auch die Abendsonne geniessen, wenn die Stadt Winterthur aus Spargründen Sitzbänke demontiert. Zynisch will ich auch nicht sein. Aber dennoch stimmt es mich nachdenklich, wie leicht einem Sprüche über die Lippen fahren wie zum Beispiel "Alters-Porsche". Vergleichbar sind solche Worte mit "Ersatzteillager" für künstliche Gelenke, "Sanierung" für Operationen oder "Chassi" für Knochen und Muskulatur. Werden schon bald die neusten Modelle der Rollatoren im Autosalon Genf zu sehen sein?

Ich frage mich in allem Ernst, ob es der Sinn und das Ziel des Lebens sei, im Alter mit oder ohne künstliche Gelenke an einem Rollator zu gehen. Es kann doch nicht sein, dass ein Grossteil der Menschheit so mir nichts dir nichts künstliche Gehilfen in Anspruch nimmt und dies für normal oder einen Segen im Alter hält. Und doch komme ich nicht um den Gedanken herum, dass viele Menschen es gut und gerne zulassen, dass der Herr Doktor Medikus und sie selber leichtfertig mit ihrem Körper umgehen. Hinkende Menschen nehmen zu, genauso wie der unerwartete Tod ab fünfzig oder noch jünger. So beobachte ich dieses neue Hink-Phänomen in den Strassen Winterthurs und lese die Jahrgänge plötzlich Verstorbener aus den Todesanzeigen.

Ja, ich bin Pessimist: Es wird in der Schweiz viele Menschen geben, die älter werden, als es der bisherige Durchschnitt zeigt. Der aktuelle Altersdurchschnitt wird aber gleich bleiben oder gar sinken, weil ursächlich die Menschen frühzeitig verschlacken und an übersäuerten Lymphen und Blutbahnen sterben. Voilà. Soll man da noch Sprüche klopfen?

Nein! Wir heutigen Menschen sind es nicht gewohnt Schmerzen auszuhalten, wenn chronische Störungen sich als Krankheit melden. Sie werden seit Jahrzehnten medizinisch "eingeheilt". Für schmerzfreies Einheilen gehen wir zum Arzt: Wir verstauen die Krankheit irgendwo im Körper, tauschen aus oder entfernen. Solche Medizin macht uns bereits in der Jugend alt. Doch Krankheiten sind unsere Retter. Sie machen uns aufmerksam, etwas Akutes oder Chronisches auszuheilen. Der Beginn einer Krankheit ist immer derselbe: Die Ausscheidungsorgane können sich nicht mehr öffnen und belasten unser Gewebe. Statt auf Rollatoren abzuzielen, wäre es also besser, der Krankheit Raum zu geben, damit sich der Körper reinigen und regenerieren kann. Vergessen wir die "Stützen auf Rädern" und unterstützen dafür JETZT das Heilbestreben des Körpers – was uns niemals schaden, im Alter aber nützen kann.


Heiner Dübi,
5.6.2017, 116. Jahrgang, Nr. 156.

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