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«Wandzeitung» vom 25.7.2017:

EIN SATZ:

Lechts und rinks zum Zweiten.

Links bin ich schon lange nicht mehr. MONIKA MARON, NZZ vom 30. Juni.

Man könnte es sich einfach machen und sich in die ideologische Kuschelecke verkriechen. Einmal mehr eine, die halt ihre Entwicklung durchgemacht und nicht mehr dieselben Ideale hat wie in ihrer Jugend. Sie argumentiert, dass sie Angst vor dem Islam hat. Und dass sie die AfD für die logische Folge des deutschen Parlamentsbetriebs hält. Man kann ihre Angst als krankhaft oder ihre Ansicht, dass auch die Mitglieder der AfD Anspruch darauf, dass ihre Autos nicht abgefackelt werden, als rechts abtun. Doch wer einen Funken politischen Instinkt bewahrt hat und sich nicht bequem aus dem Giftschrank der Ideologien bedient, muss unruhig werden, wenn er abtut. Weshalb sind ursprünglich Linke plötzlich politisch rechts? Weil sich ihre Ansichten verändert haben, oder weil sich der Kompass, auf dem wahlweise Süd-Nord oder noch besser Ost-West dem Links-Rechts-Schema entspricht, gedreht hat? Es spricht einiges dafür, dass das Magnetfeld langsam aber sicher anders geworden ist. Nicht in der Magnetrichtung, aber in der Intensität. Der Starkmagnet hat den schwachen, kleinen Magneten des Märklin-Modellbahnkrans abgelöst, dem noch allerlei Metallteile vom Ausleger gefallen sind. Dass er ein Starkmagnet geworden ist, hängt damit zusammen, dass sich rotgrün meinungsmässig etabliert hat. Offenbar vermögen sich die Mächtigen in Mitteleuropa dem Charme rotgrüner Ideen nicht zu entziehen. Auch dort, wo die Macht nicht bei rotgrün liegt, z. B. in der kleinen, beinahe grossen Stadt, die wir alle gut kennen. Es ist im Gegensatz zur Ansicht eines Leserbriefschreibers drum ziemlich Hans was Heiri, oder um in der Vergangenheit zu sprechen, Hollenstein was Vogt, ob Bürgerliche oder Linke im Stadtrat die Mehrheit haben. Und der bereits entfachte diesbezügliche Wahlkampf wird noch einen Haufen mehr Leute von der Urne wegtreiben als ihr bisher schon ferngeblieben sind.

Dabei versprühen die Ideen weniger Charme, als dass sie Falle sind. Weil aus ihnen Ideologien geworden sind, die Absolutheit beanspruchen. Mit religiösem Eifer beten fast alle, flankiert von den Abschreibern in abonnierten und andern Gratisblättern einschliesslich der sozialen Urinieranstalten im Internetz allseits akzeptierte Schwarz-Weiss-Schemen herunter. Schwächere Verkehrsteilnehmer sind zur Übertretung von Verkehrsregeln legitimiert. Wer als Starker auf die Einhaltung der Spielregeln beharrt, im vorherigen Beispiel der Autofahrer, missbraucht seine Macht. Es lassen sich weitere lustige Beispiele finden wie Arbeitnehmer-Arbeitgeber/Frau-Mann/LGBT-Hetero.

Schlimm, wo Umweltverschmutzung/Diskriminierung etc. doch in der Tat schädlich sind? Unbedingt. Weil das stete Herunterbeten von Gutgemeintem auch noch den Gutmeinendsten in Rage bringt. Und ihn direkt in die Arme der Gegner treibt. So sind im selben Mass, wie die Mächtigen links, Monika Maron und Tausende anderer rechts geworden. Weil sie die bedingungslose Anziehung ablehnen.

Und vor allem, weil sie die pointierte Humorlosigkeit der herrschenden Ideologien bis in den kleinen Zeh langweilt. Eine Reformation wie damals in der Kirche tut not. Humorvoll wird es aber auch danach nicht werden.


Adrian Ramsauer,
25.7.2017, 116. Jahrgang, Nr. 206.

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